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Selbst und ständig oder mit dem Laptop drei Stunden pro Tag am Strand? Beides sind extreme Vorstellungen über den Arbeitsalltag von Freelancern. Wie steht es tatsächlich um Ihre Work-Life-Balance? Die aktuelle freelance.de-Studie spiegelt Arbeitszeit, Urlaubstage und Zufriedenheit wider.
„Ich hatte keine Lust mehr 9-to-5 zu arbeiten, also habe ich mich selbständig gemacht – jetzt arbeite ich 24/7.“ Das ist einer der ironischen Sprüche, die über die Arbeitsbelastung von Selbständigen kursieren. Tatsächlich zeigte die Befragung von über 1.350 Freelancern im Frühjahr 2023, durchgeführt von freelance.de, dass 75 Prozent mit ihrer Work-Life-Balance sehr oder eher zufrieden sind, nur 8 Prozent sind unzufrieden.
Work-Life-Balance für Freelancer: Selbstbestimmung statt Selbstausbeutung
Work-Life-Balance bedeutet, dass sich Beruf und Privatleben in einem Gleichgewicht befinden. Wie genau dieses Gleichgewicht aussieht, ist individuell verschieden. Berufseinsteiger setzen ihren Schwerpunkt oft auf den Beruf, sie wollen Erfahrungen sammeln, sich etablieren, schnell vorankommen. Später steht für viele das Familienleben im Vordergrund, die Karriere soll sich mit der Kindererziehung gut vereinbaren lassen. Wenn die Kinder größer sind, kann sich die Priorität wieder verschieben.
Der Wunsch nach einem flexibleren Arbeitsleben gibt oft den Ausschlag für den Weg in die Selbständigkeit. Für 86 Prozent der Befragten war deshalb ein Entscheidungskriterium, als Freelancer unabhängig und eigenbestimmt tätig sein zu können. Für 48 Prozent bestand die Motivation in der besseren Work-Life-Balance.
Remote-Projekte: bessere Work-Life-Balance für Freelancer?
Die Corona-Pandemie hat nicht zuletzt den Büroalltag stark verändert. War es davor die Regel, dass Mitarbeitende – feste wie freie – im Firmenbüro tätig waren, schickte die Politik alle ins Homeoffice, für die das eine Option darstellte. Es zeigte sich, dass viele dort viel produktiver arbeiteten. Zudem sparten sie Zeit, weil stressiges Pendeln wegfiel. Diese Zeit konnten sie für die Familie und persönliche Interessen nutzen.
Heute finden laut freelance.de-Umfrage nur noch 8 Prozent der Projekte vor Ort beim Kunden statt. Fast die Hälfte läuft remote und 43 Prozent hybrid. Diese Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort war für 67 Prozent der Freelancer ein wichtiger Faktor, sich selbständig zu machen.
Haben Sie Stress?
Erfreuliches Ergebnis der freelance.de-Studie ist, dass 65 Prozent der Befragten angeben, sich nie oder selten gestresst zu fühlen. Dabei entsteht Stress nach Ihren Angaben hauptsächlich durch administrative Tätigkeiten (38 Prozent) und finanziellen Druck (34 Prozent). Nur 11 Prozent beklagten eine schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Stressfaktor. Weitere detaillierte Ergebnisse dazu sind in der Studie von freelance.de kostenfrei zum Download verfügbar.
Zurück ins Angestelltendasein: keine Option!
Ein weiterer Hinweis darauf, dass Freelancer vorwiegend zufrieden mit ihrer Arbeitssituation sind, ist, dass die Mehrheit (56 Prozent) sich nicht vorstellen kann, wieder in ein Angestelltenverhältnis zu wechseln. Für die 44 Prozent, die eventuell dazu bereit wären, müssten Konditionen wie ein attraktives Gehalt oder eine spannende Aufgabe geboten sein. Einen weiteren Anreiz für ein Zurück ins Angestelltendasein bildet die Vier-Tage-Woche.
Vier-Tage-Woche: Für Freelancer organisierbar
Die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich könnte für Angestellte in nicht so ferner Zukunft Realität werden. Zunehmender Mangel an Fachkräften und der daraus entstehende Konkurrenzkampf erfordert, dass Firmen nicht nur attraktive Gehälter zahlen, sondern auch die Arbeitsbedingungen verbessern. Vier statt fünf Tage pro Woche zu arbeiten, ist einer der Faktoren, der die Attraktivität einer Stelle erhöht. Davon profitieren auch die Arbeitgeber. 2022 erschienen Resultate von Pilotprojekten in Großbritannien: Beschäftigte sind mit der verkürzten Arbeitszeit produktiver, seltener gestresst und krank.
In Bezug auf Arbeitszeitregelungen verfügen Freelancer über einen deutlichen Vorteil. Da sie nicht weisungsgebunden sind, können sie die Vier-Tage-Woche für sich bereits durchsetzen. Den vollen Lohnausgleich erzielen Sie durch Verhandlungsgeschick bei der Projektauswahl.
Workation: Im Urlaub arbeiten
Freelancer kamen 2022 im Schnitt auf 31 Urlaubstage. Das sind sogar etwas mehr, als Angestellte regulär bekommen. Wer längere Zeit an einem Reiseziel bleiben möchte, für den ist Workation eine Option, eine Form des mobilen Arbeitens. Der Begriff setzt sich zusammen aus den Wörtern work (Arbeit) und vacation (Urlaub). Dabei sind verschiedene Varianten möglich: Tätige können beispielsweise ihr Homeoffice ins Ausland verlegen, dort tagsüber regulär arbeiten, abends und wochenends das Reiseziel genießen. Manche nehmen einzelne Tage Urlaub oder sind halbtags tätig. Der Vorteil: Sie können die Zeit im Ausland oder an einem anderen Reiseziel genießen, ohne viele Urlaubstage verbrauchen zu müssen. Angestellte benötigen die Genehmigung ihrer Vorgesetzten, um sich eine Workation zu nehmen. Freelancer, die in remote Projekten arbeiten, geben sich selbst die Erlaubnis. Die Steigerung der Workation besteht im sogenannten digitalen Nomadentum. Dabei führen Freelancer ein ortsunabhängiges Leben, reisen und arbeiten überall dort, wo sie einen Internetzugang haben.
So attraktiv die Vorstellung ist, sie birgt auch Risiken. Wenn Arbeit und Freizeit nicht klar abgegrenzt sind, wächst der Eindruck, dass nie Feierabend ist. Für die Entspannung ist aber wichtig, sich gedanklich komplett von der Arbeit lösen zu können. Sonst entsteht das stressige Gefühl permanenter Verfügbarkeit.
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6 Tipps für eine bessere Work-Life-Balance
Das Leben als Freelancer hat zahlreiche Vorteile. Zu den Nachteilen gehört die wirtschaftliche Unsicherheit, nicht immer zu wissen, wann der nächste Auftrag kommt. Deshalb laden sich manche Selbständige bei guter Auftragslage zu viel auf, um für schlechtere Zeiten vorzusorgen. Dadurch entsteht eine Überforderung mit teils erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit. Folgende Tipps helfen der Work-Life-Balance.
🔔 Arbeitszeiten festlegen
Bestimmen Sie, wie viele Wochenstunden Sie arbeiten wollen und wie viele Stunden pro Tag. Stellen Sie einen Stundenplan auf und halten Sie sich daran.
📝 To-do-Liste pflegen
To-do-Listen sind wichtiges Instrument eines guten Zeitmanagements. Egal, ob es sich um ein Schreibheft, einen Kalender oder eine App handelt – Sie tragen konsequent Ihre Aufgaben mit Erledigungsdatum ein. In einer verfeinerten Version legen Sie die Aufgaben des Jahres, des Monats, der Woche, des Tages fest und priorisieren Sie. Hilfreich ist die To-do-Liste nur, wenn Sie sie konsequent nutzen. Gewöhnen Sie sich an, Ihren Tag mit einem Blick auf die Liste zu beginnen und bei Arbeitsende alle erledigten Aufgaben auszustreichen.
💡 Ablenkungen ausschalten
Planen Sie feste Zeiten für konzentriertes Arbeiten ein. Schalten Sie Ablenkungen aus (etwa mit dem Fokus-Modus “Arbeiten” auf dem Mobilphone) und fokussieren Sie sich auf Ihre Aufgaben.
⏳ Projekte realistisch planen
Wenn Sie am Ende eines ausgefüllten Tages unzufrieden sind oder vieles, was Sie sich vorgenommen haben, noch nicht erledigt ist, dann ist Ihre To-do-Liste zu voll. Legen Sie realistische Ziele fest. Das gilt für jeden Tag, aber auch für ganze Projekte.
👍 Aufgaben delegieren
Sie müssen nicht alles selbst erledigen. Wenn Sie Steuer verabscheuen und kein Talent dafür haben, quälen Sie sich nicht damit. Geben Sie diesen Teil Ihrer Aufgaben an einen Spezialisten ab und konzentrieren Sie sich auf Bereiche, die Sie gut können.
☀️ Freizeit genießen
Grenzen Sie Ihre freie Zeit von Ihrer Arbeitszeit ab. Fahren Sie Ihren Computer herunter, schalten Sie Ihr Geschäftstelefon ab und checken Sie nicht abends oder wochenends noch Ihre Mails. Halten Sie Ihre Freizeit genauso ein, wie Ihre Arbeitszeit.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie
- Work-Life-Balance von Freelancern: 75 Prozent sind mit ihrer Work-Life-Balance sehr oder eher zufrieden, nur 8 Prozent sind unzufrieden.
- Ausgewogenheit: Für 48 Prozent der Freelancer bot die bessere Work-Life-Balance eine Motivation dafür, sich selbständig zu machen.
- Stress: 65 Prozent der Selbständigen gaben an, sich nie oder selten gestresst zu fühlen.
- Vier-Tage-Woche: Freelancer haben die Freiheit, sich die Vier-Tage-Woche selbstbestimmt einzurichten.
Wie bewahren Sie Ihre Work-Life-Balance als Freelancer? Wie setzen Sie die Grenze zwischen Arbeit und Job?