Jürgen ist seit Jahren als IT-Freelancer gemeldet. Außer kleinerer Aufträge im Bekanntenkreis und ein paar Workshops, die er für ein Weiterbildungsinstitut abhält, ist er aber mehr oder weniger IT-Dienstleister für ein einzelnes Unternehmen. Das soll sich ändern. Ähnlich geht es Angelika. Sie ist nach dem Ende ihrer Elternzeit freiberufliche Grafikerin und bearbeitet bisher nur Aufträge ihres ehemaligen Arbeitgebers. An neue potentielle Kunden heranzutreten hat sie sich bisher schlichtweg nicht getraut.
Die Problemfälle, die wir hier skizzieren, sind Beispiele für die Schwierigkeiten von Freelancern, wenn die Sprache auf das Thema Akquise kommt. Wir haben allgemeine Schwächen, Bedenken und Fragen, die wir aus der Freelancer-Community immer wieder hören, zu vier Typen zusammengefasst. Natalie Schnack, Coachin in Sachen Sichtbarkeit, hat sich dieser Fragen angenommen. Sie zeigt uns, dass in jeder Schwäche auch eine Stärke steckt, die wir weiterentwickeln können und hat handfeste Tipps für einen Einstieg. Ab jetzt heißt es: Ausreden gelten nicht!
Der Unsichtbare, der on- und offline von niemandem gefunden wird
Obwohl Sie schon viele Jahre freiberuflich arbeiten, sind Sie online immer noch kaum zu finden. Eigene Webseite, soziale Netzwerke: Fehlanzeige. Wenn Marketing sein muss, dann bitte nur minimal. Offensichtlich haben Sie allerdings ausreichend Kontakte zu (potentiellen) Kunden, sonst könnten Sie nicht als Freiberufler tätig sein.
Die Tipps der Sichtbarkeits-Coachin für Sie: „Machen Sie mehr aus Ihrem Talent! Pflegen Sie Beziehungen und Kontakte – und knüpfen Sie neue. Bitten Sie bestehende Kontakte und Kunden, Sie mit deren Kontakten bekannt zu machen. So können Sie Ihr Netzwerk immer mehr erweitern.“
Der Schüchterne, der leise ist und sich nicht traut auf
potentielle Kunden zuzugehen
Sie sind zurückhaltend und hassen es, im Mittelpunkt zu stehen? Herzlichen Glückwunsch! Manchen Ihrer zukünftigen Kunden geht es genauso! Es gibt viele Kunden, die sich von der offensiven Art mancher Verkäufer überrollt fühlen. Da sind dann Anbieter, die bescheiden und leise auftreten, durchaus im Vorteil, weil Sie besser zuhören und sich nicht in den Vordergrund spielen.
Die Tipps der Sichtbarkeits-Coachin für Sie: „Positionieren Sie sich explizit so, dass Menschen, die selbst leise und scheu sind, sich davon angesprochen fühlen. Dazu können Sie etwa Ihren Außenauftritt entsprechend gestalten und so mit der eigenen Art punkten. Auch Social Media kann man nützen, um sich als leise Person zu zeigen.“
Der Nicht-Marketer, der von Selbstvermarktung keine Ahnung hat, aber gern aktiver darin wäre
Sie stehen Selbstmarketing eher skeptisch gegenüber? Und haben keine große Lust, sich durch „How-to-Guides“ zu quälen, Seminare zu besuchen und zu lernen, wie man es (angeblich) angeht, mehr Erfolg zu haben? Hierin zeigt sich schon eine Motivation: Sie wollen es anders machen.
Die Tipps der Sichtbarkeits-Coachin für Sie: „Nützen Sie diese Motivation, um Ihren eigenen Weg im Marketing zu gehen! Vergleichen Sie sich nicht mit Anderen und versuchen Sie es erst gar nicht, es so zu machen, wie es von (vermeintlichen) Marketingexperten vorgegeben wird. Probieren Sie selbst Dinge aus! Zum besseren Verständnis ein Beispiel: Einer meiner Kunden hatte mal ein Drops-Päckchen mit einer witzigen Beschriftung verschickt, die Drops selbst hatte er rausgenommen und stattdessen einen Zettel reingelegt. Auf dem Zettel stand lediglich, dass die Drops auf die persönliche Übergabe warten. Zwecks Terminvereinbarung für diese Übergabe würde er sich am … um … telefonisch melden. Als er dann anrief, lachten die Empfänger, alle wussten von dieser Überraschung. Und von zehn Adressaten luden ihn fünf zu persönlichen Gesprächen ein.“
Der Dienstleister mit nur einem Kunden, der in völliger Abhängigkeit von diesem Kunden ist
Sie sind seit Jahren Dienstleister für einen einzigen Kunden? Sie konnten sich über die Jahre weiterentwickeln und haben gute Arbeit geleistet, wollten doch aber eigentlich als Freiberufler leben? Ihre Stärken sind definitiv Loyalität und Treue über Jahre. Sie leisten qualitativ gute Arbeit, sonst wären Sie höchstwahrscheinlich nicht mehr beschäftigt.
Die Tipps der Sichtbarkeits-Coachin für Sie: „Setzen Sie diese Stärken in Szene, Loyalität und Treue sollten explizit im Außenauftritt betont werden. Bitten Sie außerdem den langjährigen Kunden um Kontakte und Weiterempfehlungen. Hier laufen Sie offene Türen ein, denn man kennt Sie seit Jahren und Sie haben sich mit Sicherheit großes Vertrauen erarbeitet.“
Der Verweigerer, der lieber Diskussionen über Datenschutz führt, als sich mit seiner Sichtbarkeit zu beschäftigen
Ganz ehrlich: Egal, ob es um Marketing oder Akquise geht, Sie haben immer Bedenken, etwas würde ausgerechnet in Ihrem Bereich nicht funktionieren oder Sie könnten sich aus den unterschiedlichsten Gründen nicht leisten, so zu handeln.
Die Tipps der Sichtbarkeits-Coachin für Sie: „Die besten Ansprechpartner für Sie sind Firmen und Menschen, denen Traditionen sehr wichtig sind, die mit dem ‚ganzen neumodischen Kram’ nichts anfangen können. Das heißt, Sie sollten vor allem Veranstaltungen besuchen, die von Menschen, die Traditionsbewusstsein leben, genutzt werden und dort über diese gemeinsame Skepsis sprechen. So hat man gleich gemeinsame Themen und kann so extra betonen, dass man ganz anders tickt. Das erzeugt das Gefühl der Gemeinsamkeit.“
Alle Beiträge unserer Themenwoche “Projektakquise” im Überblick:
- Montag, 04.05.2015: Akquise-Methoden / Jahresumfrage
- Dienstag, 05.05.2015: Psychologischer Druck / Gesundheit
- Mittwoch, 06.05.2015: Problemfälle unter Freelancern