In der Reihe Freelancetweets kommentieren wir grandiose, aberwitzige, aber auch ganz nüchterne Tweets über das Leben als Freiberufler. Heute sprechen wir über:
#Freiberufler so:
Hmm… Bin ich morgen gut ausgeschlafen, oder vorbereitet?— Harold McMillan (@McMillanator) 31. März 2017
Ich sehe @McMillanator richtig vor mir, wie er sich nachdenklich übers Kinn streicht und seinen Blick zwischen Bett und Schreibtisch hin- und herwandern lässt, ein leicht schiefes Grinsen im Gesicht, ein bisschen verwegen sogar. Der Freiberufler so: Am Sonntagabend, nach einem gemütlichen Wochenende, fällt ihm plötzlich ein – Morgen gebe ich einen Workshop! Oder – Hoppla, ich bin ja IT-Freelancer und treffe morgen einen neuen Kunden! Was mache ich denn jetzt – gemütlich ins Bett gehen oder noch ein bisschen in den Unterlagen schmökern?
Und, ja, man kann den tweet schon auch so auslegen: Er nährt ein kleines bisschen das Bild vom ständig schlafenden Freiberufler, der sich auf sein Glück verlässt und fröhlich-unvorbereitet durchs Leben segelt.
Diese Freiheit – manchmal unerträglich?
Aber ist es nicht so, dass das Leben eines Freiberuflers nur aus solchen Entscheidungen besteht!? Den Auftrag ablehnen (ich bin gerade heillos überarbeitet) oder lieber annehmen (eine tolle Herausforderung wäre es ja schon…), heute lieber arbeiten (ich könnte da noch ein Projekt abschließen) oder endlich mal wieder akquirieren (das Projektende rückt viel zu nah…), im Home Office bleiben (Ausgaben gering halten) oder in den Co-Working Space gehen (ein Platz wäre frei, neue Kontakte brächte es auch…)!?
Und fällt euch nicht auch auf, dass diese Entscheidungsfragen erstens ständig neu beantwortet werden wollen, zweitens immer ungefragt um die Ecke kommen und drittens gerne gehäuft, wenn wir gerade gerne einfach nur unsere Ruhe hätten und uns auf unsere Arbeit konzentrieren möchten, ganz einfach nur arbeiten möchten? Und dass wir völlig alleine sind mit diesen Entscheidungen, ganz alleine?
Und dann sehe ich @McMillanators tweet plötzlich mit anderen Augen: Während ein Festangestellter eben Freitagabend länger im Büro geblieben wäre bis sein Kollege und er mit den gemeinsamen Vorbereitungen für den Montag fertig gewesen wären, muss er sich ganz alleine entscheiden, was er tut. Und hat vielleicht ein ganzes Wochenende lang immer wieder gearbeitet und muss sich nun tatsächlich diese eine Frage stellen: Jetzt auch noch durch die Anforderungen des Auftraggebers durcharbeiten oder lieber ein paar Stunden Schlaf bekommen?
Diese Leichtigkeit des Freiberuflers, sie kann unerträglich sein!
Wirklich schlimm ist nur: Sich gar nicht entscheiden
Ich hoffe ja, dass @McMillanator seine Entscheidung sehr bald getroffen hat. Denn was die Konsequenzen aus Entscheidungen richtig, richtig schlimm werden lässt, ist, wenn wir Entscheidungen nur halbherzig treffen. Etwa so:
Ich gehe jetzt ins Bett und gönne mir die Ruhe!
Wohl wissend, dass sich diese Ruhe ohne Vorbereitung nicht einstellen wird und der arme Freiberufler sich die halbe Nacht unruhig hin- und herwerfen wird. Bis er endlich im Morgengrauen aufsteht und die Unterlagen durchgeht, sich wirre Notizen macht und dann nach einer eiskalten Dusche völlig neben sich stehend zum Kunden fährt – bei sich nur einen Stapel wirrer Notizen, die Unterlagen zuhause auf dem Schreibtisch. Klare Entscheidungen sind immer besser als gar keine, oder? Leicht gesagt?
Lieber Freiberufler, liebe Freiberuflerin, bis wir unsere Entscheidungen ganz klar treffen können legen wir einen langen Weg zurück, sammeln Erfahrungen, lernen uns selbst kennen und lernen auch, unsere Kunden einzuschätzen. Und dann, eines schönen Tages, stehen auch wir mit dem verschmitzten Grinsen von @McMillanator zwischen Bett und Schreibtisch in unserem Schlaf-/Arbeitszimmer, legen uns zufrieden schlafen, vertrauen auf unsere Erfahrung und setzen vorher mal eben noch einen lässigen tweet ab.
In diesem Sinne: Schlaft ruhig, liebe Freelancer!
Twittern Sie mit Hashtag #freelancetweet und mit etwas Glück kommentieren wir bald auch Ihren Tweet hier bei uns im Blog.