Viele Freelancer stehen bei ihrer Preiskalkulation zunächst vor einem großen Rätsel. Nicht selten werden dabei elementare Faktoren vernachlässigt. Aus welchen Aspekten sollte sich der Preis zusammensetzen? Wie gelingt es, durch eine richtige Kalkulation von der Arbeit als Freelancer leben zu können? Und welche weniger bekannten Faktoren sollten beachtet werden?
Wie viel möchten Sie verdienen?
Sicher haben Sie Ziele im Leben. Um diese zu erreichen, braucht es ein gewisses Maß an finanziellen Möglichkeiten. Sind diese nicht gegeben, kann schnell das Gefühl entstehen, dass die Arbeit sich nicht lohnt.
Daher sollten Sie zunächst überlegen, welcher Monats- oder Jahresverdienst Ihr Ziel ist. Natürlich müssen Sie realistisch bleiben und bedenken, dass der Markt nach gewissen Regeln funktioniert und Sie in den meisten Fällen keine astronomischen Summen zugrunde legen können.
Allerdings sollten Sie so planen, dass Sie problemlos über die Runden kommen. Haben Sie eine Familie zu versorgen? Fahren Sie ein Auto? Haben Sie Hobbys, die Sie finanzieren möchten? All dies sollte eine Rolle spielen.
Der Zielverdienst ist bei Ihrer Kalkulation nicht der alles entscheidende Faktor. Dennoch kann er Ihnen eine grobe Vorstellung und Grundlage geben, was nach allen Ausgaben übrigbleiben soll.
Möglicherweise müssen Sie Ihr gewünschtes Gehalt je nach Branche, Marktlage und dem Ergebnis der weiteren Faktoren der Kalkulation nach unten korrigieren. Dazu sollten Sie, sofern Sie an Ihrem Ziel einer Arbeit als Freelancer festhalten möchten, in einem gewissen Rahmen bereit sein. Allerdings sollten Sie die Preisreduktion nicht übertreiben: Schließlich kommen diverse Kosten auf Sie zu.
Ausgaben als Teil der Kalkulation
Ein relevanter Teil der Kalkulation sind Ihre festen Ausgaben. Diese können sich sowohl auf den geschäftlichen Bereich, als auch auf private Notwendigkeiten beziehen. Sie sollten bei ihrer Kalkulation darauf achten, alle Ausgaben zu berücksichtigen, um nicht zu einem späteren Zeitpunkt in eine problematische Situation zu kommen.
Betriebliche Ausgaben
Berechnen Sie zunächst ihre betrieblichen Ausgaben. Dazu kann die Miete für ein Büro und Kosten für Materialien zur Herstellung eines Produktes gehören. Fahrt- und Reisekosten spielen ebenfalls eine Rolle, möglicherweise haben Sie je nach Branche zudem Angestellte.
Weiterhin sollten Sie bedenken, dass Sie Ihr Arbeitswerkzeug auf einem aktuellen Stand halten sollten. Software und Hardware sind für Freelancer relevant, beide Faktoren können hohe Kosten verursachen.
Hinzu kommen Ausgaben für Werbung und Kundenakquise, die je nach Geschäftsmodell ebenfalls beträchtlich sind. Zwar können Sie durch viel Eigeninitiative in Form von hoher Kundenbindung oder des Ansprechens auch in der Freizeit verringert werden. Dennoch sollten Sie bedenken, dass heute notwendige Grundlagen wie das Onlinemarketing oder Social-Media-Marketing ebenfalls Kosten verursachen.
Je nach Geschäftszweig kommen weitere individuelle Kosten hinzu, die Sie im Voraus einkalkulieren sollten. Auch Versicherungen wie beispielsweise eine Berufshaftpflicht sind für Freelancer relevant.
Private Ausgaben
Neben den betrieblichen Kosten haben sie private Ausgaben. Zum einen sollten die Steuern bedacht werden. Dies haben Sie wahrscheinlich bereits bei der Beantwortung der Frage nach Ihrem Wunschgehalt getan.
Vor allem jedoch die Kosten für Versicherungen werden schnell unterschätzt. Krankenversicherungen, Altersvorsorge (für Freelancer nicht verpflichtend) und viele andere Versicherungen können schnell mehr kosten, als zunächst angenommen. Dies liegt unter anderem daran, dass der Arbeitgeberanteil, der in einem sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnis üblich ist, bei einem Freelancer wegfällt.
Zwar können diese Kosten im Rahmen der Steuererklärung teilweise abgemildert werden. Sie fallen dort unter den Posten Sonderausgaben. Dennoch gibt es für einige dieser Steuersparoptionen gewisse Limits. Zudem müssen sie zunächst bezahlt werden, die Rückerstattung eines Teils der Ausgaben findet erst im Folgejahr statt.
Überraschende Ausgaben
Zu diesen geplanten Ausgaben können jederzeit außerordentliche, überraschende Kosten hinzukommen. Diese sind einerseits privater Natur, aber auch auf betrieblicher Ebene können sie anfallen.
Möglicherweise geht unerwartet Ihre Waschmaschine oder das Auto kaputt? Für eine solche Situation sollten Sie Rücklagen haben, deren Bildung in jedem Falle in die Kalkulation einfließen muss.
Arbeitszeit
Zudem müssen Sie ihre Arbeitszeit richtig kalkulieren. Arbeit ist als Freelancer nicht gleich Arbeit. Einerseits sind Sie damit beschäftigt, die Projekte ihrer Kunden zu bearbeiten. Diese Zeit wird bezahlt.
Andererseits haben Sie noch eine Reihe weiterer Pflichten. Dazu gehören unter anderem der Verwaltungsaufwand und die Akquise von Kunden. Für diese Zeit werden Sie im Rahmen Ihrer Arbeit an einem konkreten Projekt nicht bezahlt. Dennoch nimmt Sie einen beträchtlichen Anteil Ihres Alltags ein.
Bei der für die Kundenakquise vorgesehenen Zeit sollten Sie bedenken, dass es rechtliche Regelungen gibt, die Ihre Möglichkeiten einschränken. Das führt dazu, dass je nach Branche und Leistung ein beträchtlicher Mehraufwand entstehen kann, da kreative und legale Methoden der Akquise gefragt sind.
Daher sollte dieser Faktor ebenfalls in die Preiskalkulation einfließen. Ihre Preise müssen so berechnet werden, dass Sie einen Teil des Geldes für diese Phasen, in denen Sie nicht aktiv verdienen, bekommen.
Branche und Marktlage
Natürlich muss in der Kostenkalkulation sowohl die Branche, als auch die Marktlage eine Rolle spielen. In einigen Sektoren können Sie mehr verlangen, in anderen weniger. Das hängt unter anderem davon ab, wie gefragt die Branche ist.
Ein boomender Sektor mit guten Verdienstchancen ist beispielsweise die IT Branche. Hier können Sie Ihre Preisen etwas mutiger gestalten. Im Jahr 2018 beispielsweise bekamen Selbstständige in diesem Sektor einen durchschnittlichen Stundensatz von 91,05 Euro. Bei weniger gefragten Leistungen sollten Sie mit der Höhe Ihrer Preise vorsichtiger sein.
Die Marktlage spielt vor allem insofern eine Rolle, dass sie in den Preis auch das erwartete aktuelle Auftragsvolumen einbeziehen sollten. Rechnen Sie mit weniger Aufträgen, sollten Ihre Preise höher sein. Daher macht es Sinn, zu schauen, wie die aktuelle Situation des Marktes in Ihrer Branche ist.
Allerdings muss dieser Stand nicht immer gleichbleibend sein. Durststrecken können aus verschiedenen Gründen entstehen, einer dieser Faktoren ist eine Verschlechterung der Marktsituation.
Neben der rechtzeitigen Anwendung von Strategien zur Lösung solcher Situationen ist es sinnvoll, sie bereits bei der Kalkulation mit einzubeziehen. So können durch einen aufgrund dieses Faktors angepassten Preis monetär schwächere Phasen Ihrer Tätigkeit durch die gebildeten Rücklagen ausgeglichen werden.
Besondere Leistungen?
Ebenfalls sollten Sie bedenken, ob die Leistung, die Sie anbieten, etwas Besonderes ist, was andere in dieser Form gar nicht oder nur selten liefern können. Dies kann einerseits in einer seltenen Spezialisierung in Ihrem Studium oder Ihrer Ausbildung begründet liegen.
Andererseits können Sie selbst eine Nische in Ihrer Branche finden. Sofern diese gefragt ist, kann das ihren Marktwert ebenfalls erhöhen. Aber Vorsicht: Nicht jede Nische ist beliebt und garantiert einen hohen Kundenzustrom. Daher sollten Sie vorher prüfen, ob die Idee vom Markt angenommen wird.
Niemals zu niedrig ansetzen
Für Freelancer empfiehlt es sich grundsätzlich, die Preise nicht zu niedrig anzusetzen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen kann die Gefahr verringert werden, in aus verschiedenen Gründen entstehende finanzielle Engpässe zu kommen. Je mehr „Spielraum“ die Kalkulation zulässt, desto sicherer ist sie.
Zwar besteht das Risiko, durch hohe Preise weniger Kunden zu akquirieren. Andererseits zeugen höhere, aber nicht übertriebene Preise von einer Qualität der Dienstleistung. Daher können potenzielle Kunden durch einen höheren Preis nicht nur verschreckt, sondern durchaus auch angezogen werden.
Schlussendlich kommt es nicht nur auf den Preis an, sondern auch auf die richtige Präsentation der Summe. So können höhere Aufwendungen der Kunden für eine Leistung mithilfe diverser Tipps sinnvoll kommuniziert werden.
Alle Faktoren zusammenfassen
Aus allen diesen Faktoren müssen Sie eine Gesamtkalkulation erstellen. Wichtig dabei ist, strukturiert vorzugehen. Zudem sollten Sie bedenken, dass einzelne Faktoren zusammenhängen. So kann sich zum Beispiel auch in einer Nische die Marktlage ändern.
Die Kosten für Ihre Krankenversicherung können während der Zeit einer Durststrecke geringer werden, da sie weniger verdienen. Andere Ausgaben wie beispielsweise die Büromiete sind in jedem Falle gleichbleibend. Schlussendlich können auch die Arbeitszeiten in einer solchen Phase der Flaute variieren.
Neben den in diesem Beitrag aufgeführten Faktoren kann es für jeden Freelancer weitere Punkte und Posten geben, die in der Kalkulation zu beachten sind. Sofern Sie alle für Sie individuell relevanten Aspekte ausreichend bedenken und die Zusammenhänge wahrnehmen, kann Ihre Preiskalkulation neben anderen Faktoren zu einem ausreichenden Einkommen als Freelancer beitragen.