Job gekündigt, Wohnung gekündigt, Leben als Digital Nomad. Mittlerweile ist das meine Realität. Den Sommer verbringe ich in Berlin, den Winter in Kapstadt, Bali oder Mexiko – Hauptsache irgendwo am Meer.
Mareike Sophie Zeidler berichtet von ihren Erfahrungen als Digital Nomad, gibt Tipps für ein optimales Zeitmanagement und wie man die besonderen Herausforderungen als Freelancer meistert.
Ich liebe es, diese Freiheit zu haben. Von überall arbeiten zu können. Nicht mehr auf die 30 Tage Urlaub angewiesen zu sein, um die Welt zu sehen.
Digitale Nomaden arbeiten ortsunabhängig, meist als Freelancer, Unternehmer oder bei Remote-First-Unternehmen. Ob in einem gemütlichen Café, einem Co-Working-Space oder einer Hängematte (ok, unrealistisch) – das Büro ist dort, wo der Laptop steht und WLAN verfügbar ist. Klingt wie ein Traum? Ist es auch irgendwie, aber halt nicht immer. Ich möchte versuchen, euch einen ehrlichen Einblick zu geben: Was bedeutet es wirklich, diesen Lebensstil zu führen?
Mein Weg zum Digital-Nomad-Leben
Ich kann eins schon mal vorwegnehmen: Das alles war keine Entscheidung von heute auf morgen. Sondern ein Traum, den ich jahrelang verfolgt habe. Seit meiner ersten Backpacking-Reise habe ich nur einen Wunsch gehabt: Ich wollte die Welt sehen. Ich habe mich in meinem Konzernjob gefühlt eingesperrt. Ich wollte raus aus meiner Komfortzone, wieder mehr erleben.
Genau das habe ich dann 2021 gemacht. Ohne einen Plan meinen Job gekündigt und ein One-Way-Ticket nach Mexiko gebucht. Auf dieser Reise habe ich die ersten Digital Nomads kennengelernt und gesehen, dass es möglich ist, dieses Leben zu führen.
Ich wusste also, was mein Ziel ist. Aber ich hatte keinen Plan, wie ich dorthin kommen sollte. Ich hatte bisher immer nur in Konzernen gearbeitet. Kannte nichts anderes als die Festanstellung. Ich wusste nicht, wie ich mir ein eigenes Business aufbauen und Kunden gewinnen sollte. Also bin ich (erst mal) wieder zurück in die Festanstellung.
Dann habe ich angefangen, meinen Weg auf LinkedIn zu teilen. Ich habe Einblicke in meine regelmäßigen Workations und Arbeitsalltag als B2B Marketing Managerin gegeben. Mein Netzwerk ist immer weiter gewachsen. Und plötzlich kamen die ersten Anfragen rein. Fremde Menschen haben mich angeschrieben, wollten mit mir zusammenarbeiten. Mittlerweile bin ich im Bereich Personal Branding selbstständig und teile regelmäßig Einblicke und Learnings aus meinem Digital Nomad Leben im “oder jetzt”-Newsletter.
Flexibilität, Reisen und persönliches Wachstum
Der offensichtliche Vorteil des Digital Nomad Lebens liegt wohl in der Flexibilität und Freiheit von den schönsten Orten der Welt arbeiten zu können. Für mich persönlich stellt aber aktuell ein anderer Faktor den größten Mehrwert dar: persönliches Wachstum.
Ich habe mich noch nie in meinem Leben so schnell weiterentwickelt wie im letzten Jahr. Jeder neue Ort bringt neue Challenges mit sich. Neue Menschen, frische Perspektiven.
Zudem ist man eigentlich dauerhaft mit Gleichgesinnten umgeben. An Digital Nomad Hotspots wie Bali, Sri Lanka oder Mexiko lernt man schnell Leute kennen, die an einem ähnlichen Punkt stehen: Auch als Freelancer arbeiten, auch ein eigenes Business aufbauen. Der Austausch hier hat mir insbesondere in den ersten Monaten meiner Selbstständigkeit extrem geholfen und mir den Mut gegeben, an mich zu glauben.
Kostenvorteile als Digital Nomad
In vielen Ländern sind die Lebenshaltungskosten niedriger als in Deutschland oder anderen westlichen Ländern. Das bedeutet, dass du dir mit dem gleichen Einkommen ein höheres Lebensniveau leisten kannst – oder halt für das gleiche Lebensniveau weniger zahlst. Speziell zum Start meiner Selbstständigkeit hat mir das sehr viel Druck genommen.
Herausforderungen als Digital Nomad
Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch wenn das Digital Nomad Leben in den sozialen Medien oft sehr idealisiert wird, bringt es viele Herausforderungen mit.
Produktivität
In einer neuen und aufregenden Umgebung produktiv zu bleiben, kann schwierig sein. Insbesondere an neuen Orten, brauche ich immer erst mal ein paar Tage, um mich einzuleben und mir wieder funktionierende Routinen aufzubauen. Eine gute Selbstdisziplin und effektives Zeitmanagement hilft hier, um Ablenkungen zu minimieren.
Soziale Isolation
So schnell wie man neue Leute kennenlernt, verschwinden Bezugspersonen auch wieder aus dem Leben. Der ständige Ortswechsel erschwert es, tiefere und langfristige Beziehungen aufzubauen. Deswegen versuche ich mittlerweile langsamer zu reisen. Länger an Orten zu bleiben und auch an Orte zurückzukehren, an denen ich bereits Freunde gefunden habe.
Anspruchsvolle Projekte finden und erfolgreich selbstständig arbeiten.
Gesundheitsversorgung
Der Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung variiert je nach Aufenthaltsort. Krank sein ist immer blöd – in einem fremden Land ganz besonders. Umso wichtiger ist es, eine wirklich gute, internationale Krankenversicherung zu haben.
Berufliches Netzwerk
LinkedIn ist eine gute Grundlage und kann ein Türöffner sein, wird persönliche Kontakte aber nie 100% ersetzen können. Es ist meiner Meinung nach wichtig, das eigene Netzwerk auch offline auszubauen. Und das fällt natürlich teilweise schwer, wenn man nicht regelmäßig in Deutschland ist.
Bürokratie
Wer sich selbstständig macht, steht am Anfang vor (gefühlt) unendlich vielen bürokratischen Herausforderungen. Keinen Wohnsitz oder einen im Ausland zu haben, macht die ganze Sache noch mal deutlich komplexer. Hier ist es ratsam, sich Unterstützung von Experten zu holen.
Persönliche Tipps: Tools und Apps
Ich organisiere fast mein komplettes Business (und Leben) in Notion. Es gibt Templates für fast jeden Use Case und ich finde es einfach praktisch, alles an einem Ort zu haben. Abgesehen davon: Figma und Canva für Grafiken, Miro für Workshops und seit Kurzem plane ich meine Daily To-Dos mit Google Tasks.
Kundenakquise als digitaler Nomade
Vor ungefähr zwei Jahren habe ich angefangen, meine Personal Brand auf LinkedIn aufzubauen. Eine Content-Strategie zu verfolgen, kontinuierlich zwei bis drei Mal die Woche Beiträge zu teilen und mich aktiv mit meiner Zielgruppe zu vernetzen. Die Suchfunktion von LinkedIn eignet sich super, um das eigene Netzwerk gezielt mit den richtigen Leuten zu erweitern. Mittlerweile gewinne ich alle meine Kunden über LinkedIn. Ich kann daher nur jedem empfehlen, hier aktiv zu werden, den eigenen Weg zu dokumentieren und sich so eine Personal Brand aufzubauen.
Zeitmanagement
Setze dir klare Arbeitszeiten und halte dich daran. Plane deine Aufgaben im Voraus und nutze Techniken wie die Pomodoro-Methode, um fokussiert zu bleiben und deine Produktivität zu steigern.
Community
Nutze Co-Working-Spaces und lokale Netzwerktreffen, um andere digitale Nomaden zu treffen und dich auszutauschen. Freunde mit dem gleichen Lebensstil zu haben und sich an verschiedenen Orten auf der Welt wieder treffen zu können, ist unbezahlbar. Online-Communities und Social Media (LinkedIn) sind ebenfalls hervorragende Plattformen, um Kontakte zu knüpfen und einander zu unterstützen.
Bürokratie und Finanzplanung
Informiere dich über die steuerlichen Anforderungen in den Ländern, in denen du dich aufhältst. Ein Steuerberater, der auf internationale Kunden spezialisiert ist, kann hierbei hilfreich sein. Plane deine Finanzen und lege Rücklagen für unvorhergesehene Ausgaben an.
Fazit zum Leben als Digital Nomad
Das Leben als Digital Nomad bietet zahlreiche Vorteile, wie Flexibilität und die Möglichkeit, die Welt zu bereisen. Doch es gibt (wie überall) auch Herausforderungen. Letztendlich muss jeder individuell entscheiden, ob dieser Lebensstil den eigenen Erwartungen und Werten entspricht. Persönlich möchte ich die Freiheit, die ich derzeit genieße, nicht mehr missen.
Über mich: Mareike Sophie Zeidler ist Expertin für LinkedIn-Marketing und Co-Founderin der Personal Branding Masterclass. Sie hilft Gründer*innen und CEOs ihre Personal Brand aufzubauen und gibt LinkedIn-Trainings in Unternehmen. Seit 2023 lebt sie als Digitale Nomadin und teilt im “oder jetzt”-Newsletter Einblicke in ihr Leben und Business.