Haftungsrisiko, steuerliche Nachteile oder das Risiko der Scheinselbständigkeit: Die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung – kurz GmbH – ist für viele Freelancer eine attraktive Alternative zum Einzelunternehmen. Freiberufler:innen dagegen müssen sich die Gründung einer GmbH genau überlegen: Sie verlieren durch den Status GmbH alle Vorteile der Freiberuflichkeit. Lesen Sie hier, wann sich die Gründung einer GmbH für Sie als Freelancer wirklich lohnt.
Freelancer oder Freiberufler – der feine Unterschied auf dem Weg zur GmbH
Grundsätzlich sind Freelancer freie Mitarbeiter in Unternehmen. Das „frei“ in der Berufsbezeichnung ist entscheidend: Es weist unter anderem darauf hin, dass der „Freie“ nicht weisungsgebunden ist. Freelancer sind gewerbetreibend. Sie haben ein Gewerbe angemeldet und zahlen Gewerbesteuer.
Wer Freiberufler ist, definiert das Einkommenssteuergesetz in §18 EstG. Angehörige der freien Berufe bzw. Katalogberufe sind zum Beispiel Ärzte, Steuerberater, Architekten sowie Dienstleistende in katalogähnlichen Berufen, wie Fotografen, Webdesigner oder Texter. Freiberufler sind nicht gewerbetreibend. Sie zahlen keine Gewerbesteuer.
Gut zu wissen: Auch wenn die Begriffe Freelancer und Freiberufler synonym gebraucht werden, ist ein Freiberufler im rechtlichen Sinne kein Freelancer.
Erfahren Sie hier, wie Sie Freiberufler werden.
Grundlagen der GmbH
Eine GmbH ist eine Unternehmensform in Deutschland. Sie zählt zu den Kapitalgesellschaften. Eine GmbH ist eine juristische Person. Sie kann von einem Freelancer als Einpersonen-GmbH oder Mehrpersonen-GmbH gegründet werden. Die Daten einer GmbH wie Gesellschafter, Sitz und Stammkapital sind im Handelsregister aufgeführt und öffentlich verfügbar. Gesellschafter der GmbH können nicht mit ihrem Privatvermögen zur Haftung herangezogen werden. Die Haftungssumme beträgt mindestens 25.000 Euro.
Wesentliche Unterschiede: Der Freelancer als Einzelunternehmen oder GmbH
- Der Freelancer als Einzelunternehmer haftet unbeschränkt und persönlich mit seinem ganzen Vermögen. Freelancer als Gesellschafter einer GmbH haften persönlich weder für Schulden noch für Risiken.
- Der Gewinn des Einzelunternehmens unterliegt der Einkommenssteuer. Die GmbH zahlt Körperschaftsteuer auf ihre Gewinne.
Vorteile einer GmbH für Freelancer
Die Entscheidung für oder gegen eine GmbH hängt insbesondere von Ihrer individuellen wirtschaftlichen Situation, Ihrer Risikobereitschaft und Ihren langfristigen Zielen als Freelancer ab. Die wesentlichen Vorteile einer GmbH für Freelancer sind.
1. GmbH reduziert das Risiko der Scheinselbstständigkeit
Insbesondere größere Unternehmen bevorzugen die Zusammenarbeit mit einer juristischen Person, wie einer GmbH. Der Grund: Nur natürliche Personen sind sozialversicherungspflichtig.
Lesen Sie hier, wie Mareike in die Scheinselbstständigkeits-Falle getappt ist!
2. GmbH minimiert das Haftungsrisiko
Die GmbH schützt das Privatvermögen der Gesellschafter. Die Haftung beschränkt sich auf das Gesellschaftsvermögen.
3. Steuerliche Vorteile
Einzelunternehmer zahlen Einkommenssteuer auf ihren Gewinn. Die Höhe der Einkommenssteuer richtet sich nach dem zu versteuernden Einkommen und dem individuellen Steuersatz. Dieser ist progressiv ist und kann den Spitzensteuersatz von 42 % erreichen. Dieser fällt 2024 bei Einzelpersonen bei einem Jahreseinkommen zwischen 66.761 € und 277.825 € an. Danach greift der sogenannte Reichensteuersatz von 45 %.
Eine GmbH zahlt Körperschaftssteuer auf den Unternehmensgewinn. Dieser beträgt aktuell 15 % zzgl. Solidaritätszuschlag. Werden Gewinne an Gesellschafter ausgezahlt, fällt für diese Dividend eine zusätzliche Kapitalertragsteuer an. In diesem Fall ist eine effektive Gesamtbesteuerung von etwa 25-30 % möglich.
Ein Rechenbeispiel: Wenn Sie ein Jahreseinkommen von 100.000 Euro erzielen, aber nur 60.000 Euro zum Leben brauchen, können Sie 40.000 Euro als Investitionskapital in der GmbH belassen – auf die nur 30 Prozent statt 42 Prozent Steuern fällig werden. Im Vergleich zur Versteuerung als Einzelunternehmen sparen Sie so 4.800 Euro auf das in der GmbH verbleibende Kapital von 40.000 Euro.
4. Kreditwürdigkeit und Finanzierung
Eine GmbH gilt für Geldgeber und Investoren oft als zuverlässiger als ein Freelancer als Einzelunternehmen. Stehen größere Investitionen an, kann es für eine GmbH leichter sein, einen Geschäftskredit zu erhalten.
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Nachteile einer GmbH für Freelancer
Mit der Gründung einer GmbH sind Freelancer nicht mehr ganz so flexibel: Ein Teil ihrer finanziellen Mittel ist im Unternehmen gebunden. Zudem fallen Kosten für die Gründung der GmbH und die Pflicht zur doppelten Buchhaltung an. Die wesentlichen Nachteile einer GmbH für Freelancer sind
1. Gründungsaufwand und -kosten
Die Gründung einer GmbH ist mit bürokratischem Aufwand und Kosten verbunden. Dazu gehören Notargebühren, Kosten für die Erstellung eines Gesellschaftsvertrags und die Eintragung ins Handelsregister.
2. Kapitalbedarf
Für die Gründung einer GmbH ist ein Mindeststammkapital von derzeit 25.000 Euro erforderlich. Für die Anmeldung der GmbH zur Eintragung in das Handelsregister ist gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG eine Einlage von mindestens 12.500 Euro ausreichend.
3. Laufende Verwaltung und Buchführungspflicht
Eine GmbH unterliegt Buchführungs- und Bilanzierungspflichten. Für Buchhaltung, Steuererklärung und Jahresabschlüsse können höhere Kosten als bei Einzelunternehmen anfallen.
4. Publizitätspflichten bei möglicher Zahlungsunfähigkeit
GmbHs müssen eine drohende Insolvenz beim Amtsgericht anmelden.
Anspruchsvolle Projekte finden und erfolgreich selbstständig arbeiten.
Fazit: Wann sich eine GmbH für Freelancer lohnt
Die Gründung einer GmbH für Freelancer ist eine sehr individuelle Entscheidung. Sie werden von potenziellen Auftraggebern häufig abgelehnt, weil das Risiko der Scheinselbstständigkeit zu groß ist? Sie verdienen konsequent 10.000 Euro mehr, als Sie zum Leben brauchen? Dann kann sich eine GmbH für Sie als Freelancer lohnen.
Denn auf diese 10.000 Euro zahlen Sie in der GmbH 3.000 Euro Steuern, statt 4.200 Euro – von der Ersparnis können Sie die jährlichen Mehrkosten decken. Je 10.000 Euro, die Sie darüber hinaus mehr Gewinn erwirtschaften, sparen Sie durch die GmbH weitere 1.200 Euro. Bei geringen Gewinnen ist ein Einzelunternehmen für Freelancer steuerlich oft günstiger. In diesem Fall profitieren Sie von einem geringeren Steuersatz.
Unser Tipp: Lassen Sie sich vor einer Entscheidung für oder gegen eine GmbH als Freelancer von einem Steuerberater beraten. Die tatsächliche Besteuerung hängt neben den Gewinnen von vielen, unterschiedlichen und sehr individuellen Faktoren ab.
Das Wichtigste für Sie zusammengefasst:
Grundsätzlich kann jeder Freelancer eine GmbH gründen. Die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
- reduziert das Risko der Scheinselbständigkeit
- schützt das Privatvermögen der Gesellschafter
- bringt ab einem gewissen Gewinn steuerliche Vorteile
- stärkt die Reputation
- verpflichtet zur doppelten Buchführung
- erfordert ein Mindeststammkapital von derzeit 25.000 Euro
- ist mit Gründungskosten verbunden
- unterliegt Offenlegungspflichten
Weitere Infos hierzu unter https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/OrdnungsgeldVollstreckung/Jahresabschluesse/Offenlegung/Pflichten/Pflichten_node.html
Sie planen die Gründung einer GmbH oder haben bereits gegründet? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Unsere Community freut sich auf Ihre Tipps in den Kommentaren.
Vielen Dank für den Artikel! Ich würde gerne ein Unternehmen gründen. Da ich mir bei der Rechtsform noch nicht sicher bin, ist es gut zu wissen, dass ich bei einer GmbH die Finanzen selbst in der Hand hätte. Ich denke, ich werde mich dazu in einer Kanzlei für Unternehmensgründungen genauer informieren müssen.
Hallo Frau Samsel,
wir freuen uns, dass wir Ihnen mit dem Beitrag ein paar Infos liefern konnten.
Viele Grüße
Ihr freelance.de Team
Gut zu wissen, dass sich eine GmbH auch für Freelancer eignet. Wenn man so 30 Prozent Steuern sparen kann, wäre das natürlich super. Ich werde mich mal an ein Unternehmen für Steuerberatung wenden, um mit ihnen darüber zu reden.
Hallo Herr Sterzer,
das freut uns zu hören. Teilen Sie uns gerne mit, was bei Ihrem Gespräch mit dem Steuerberater herausgekommen ist.
Beste Grüße
Christine von Team freelance.de