Freelancer lieben an ihrer Selbstständigkeit häufig die Freiheit, die mit ihr einhergeht. Doch die Freiheit hat auch ihre Schattenseiten, die sich zum Beispiel darin niederschlagen, dass feste Aufträge überraschend wegbrechen können. So kann die Existenz von heute auf morgen auf dem Spiel stehen. Kommen wirtschaftlich schwierige Phasen hinzu, in der die allgemeine Auftragslage angespannt ist, können Existenzängste schlafraubend sein. Dass Angestellte aus der Festanstellung davon träumen, in die Selbstständigkeit zu wechseln, wird recht häufig thematisiert. Der umgekehrte Weg, als Freiberufler zurück in die Festanstellung zu gehen, ist hingegen eine Randerscheinung.
Gründe für eine Festanstellung
Fast jeder zweite Freelancer kann sich vorstellen, wieder zurück in die Festanstellung zu wechseln. Die Corona-Krise 2020 und die daraus resultierenden existenziellen Probleme für viele Selbstständige hat dafür gesorgt, dass ein Anstellungsverhältnis inzwischen für sehr viele völlig unerwartet eine attraktive Option geworden ist. Welche Gründe sprechen generell für einen Wechsel in die Festanstellung?
- Die selbständige Tätigkeit wirft nicht genügend ab. Der finanzielle Druck wächst stetig an und Freiberufler entscheiden sich aus Geldgründen für eine Festanstellung.
- Manche Selbstständige erkennen mit der Zeit, dass das Unternehmertum nicht ihrer Persönlichkeit entspricht.
- Gründen Freelancer eine Familie, kann der Wunsch nach Stabilität, Berechenbarkeit und Sicherheit wachsen. Die Priorität die Familie zu versorgen forciert den Wunsch nach einem Anstellungsverhältnis.
- Die Angst davor, bei Urlaub und Krankheit keinen Umsatz zu machen, löst Existenzängste aus.
- Die Angst, die Existenzgrundlage zu verlieren, wächst bei schlecht bis mäßig laufenden Geschäften mit steigendem Alter.
- Vielen fällt die Trennung von Privatleben und Berufsleben schwer. Die Work-Life-Balance ist nicht ausgewogen, der Schwerpunkt liegt im Job. Das wiederum zieht die Vernachlässigung von Familien und Freunden nach sich.
- Der administrative Aufwand, Marketingaufgaben und Geschäftsführung überfordern manchen Selbstständigen. Die Belastung empfinden sie in ihrer Summe als zu hoch, eine Festanstellung hingegen fordert weniger umfassendes Engagement.
Anspruchsvolle Projekte finden und erfolgreich selbstständig arbeiten.
Freiberufler & Festanstellung: Jobs, in denen beides geht
Wem der radikale Schritt nicht liegt, hat die Möglichkeit die abhängige Beschäftigung zu testen, eine „Festanstellung light“ sozusagen auszuprobieren. Es gibt einige Jobs, in denen eine freiberufliche Tätigkeit neben der Festanstellung funktioniert. In Deutschland gibt es knapp 50 Branchen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in entsprechende Berufsfelder eingeteilt werden. Hierzu zählen zum Beispiel Medizin, Heilkunde, Dienstleistungen oder Landwirtschaft. Wenn Ihr Plan lautet, als Freiberufler zumindest teilweise zurück in die Festanstellung zu gehen, funktioniert das in bestimmten Branchen besonders gut. Die Grenzen sind fließend im Marketing, beim Coaching sowie in den Bereichen Medien, IT, Bildung und Design. Online Portale bieten Karrieremöglichkeiten in allen Berufsfeldern, unter anderem auch im Marketing und Vertrieb, im Bereich IT und Technik sowie Gesundheit und Sozialwesen. Nebenberuflich selbstständig arbeiten ist in vielen Berufen möglich:
- Dozent/-in
- Eventmanager/-in
- Grafikdesigner/-in
- Journalist/-in
- Medienberater/-in
- Marketingberater/-in
- Webdesigner/-in
- IT-Architekt/-in
- IT-Consultant
Um sich einen ersten Überblick über die Karrieremöglichkeiten zu verschaffen, ist es hilfreich, die Jobangebote prüfen. Vielleicht ist schon die passende Position für Sie dabei.
Schnell-Check: Ist der Job in Festanstellung richtig für Sie?
Wenn Sie darüber nachdenken eine Festanstellung einzugehen, gibt es drei große Bereiche, die eine wesentliche Rolle dabei spielen, ob Sie sich zukünftig in der abhängigen Beschäftigung wohlfühlen.
1. Arbeitsklima, Führungsstil, Unternehmenskultur
Sie sollten sich die Arbeitsweise des potenziellen neuen Arbeitgebers genau ansehen. Überprüfen Sie unter anderem, inwieweit Sie Ihre Arbeitszeiten selbst festlegen können und ob die Wahl des Arbeitsortes flexibel ist. Wie transparent kommuniziert das Unternehmen mit den Mitarbeitern und was sind die besonderen Kennzeichen des Führungsstils? Die Unternehmenskultur sollte möglichst gut zu Ihren eigenen Werten passen. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel nach der Philosophie „Family First“ lebt, passt es vermutlich gut zu Ihnen, wenn Sie selbst großen Wert auf Familienzeit legen. Sollten Sie hingegen an eine Firma geraten, die sich wenig um die privaten Sorgen und Belange ihrer Mitarbeiter schert, könnten Sie die Entscheidung für die ausgewählte Firma schon bald bereuen.
Falls Ihnen grundsätzlich Flexibilität und Freiheit in der Gestaltung der Arbeitszeit wichtig sind, sind flache Hierarchien und transparente, kurze Informationswege bei der Arbeit gebenden Firma ein wichtiges Kennzeichen. Um sich von außen ein Bild über das Arbeitsklima zu machen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Sie können zum Beispiel die Fluktuationsrate heranziehen. Auch Online-Bewertungsplattformen helfen dabei, einige Meinungen von ehemaligen oder aktuellen Mitarbeitern des Unternehmens zu erhalten. Vielleicht haben Sie sogar die Möglichkeit mit jemandem zu sprechen, der aktuell dort tätig ist.
2. Einzelne Themenaufgaben oder langfristige Projekte?
Oft sind Freiberufler Experten auf ihrem Gebiet und können sich aufgrund ihrer vielfältigen Berufserfahrungen als Auftragnehmer verschiedenster Firmen rasch in unterschiedliche Aufgabenstellung einarbeiten. Für Angestellte in einer Firma hingegen geht es häufig auch darum, langjährige Kundenbeziehungen zu pflegen und Projekte über lange Zeiträume zu führen. Was liegt Ihnen mehr? Ein zeitlich begrenzter Einsatz mit fachlicher Expertise oder die langfristige Kooperation mit Kollegen und Auftraggebern in langdauernden Projekten? Bedenken Sie, dass der regelmäßige Kontakt zu bekannten Kollegen im Rahmen einer Festanstellung wesentlich intensiver ausfällt als die kurzen Treffen im Rahmen von Projekten. Liegt Ihnen das?
3. Vom richtigen Zeitpunkt
Manchmal ist es so, dass Freelancer hohe Beträge verdienen und sich selbst um Rente, Krankenversicherung, Weiterbildung usw. kümmern. Wenn Sie das Gehalt der potenziellen Festanstellung zum Vergleich heranziehen, sollten Sie den effektiven Stundenlohn ermitteln. Dies gelingt, indem zum Gehalt der bezahlte Urlaub, bezahlte Krankheit, Weiterbildungskosten und weitere geldwerte Benefits mit berücksichtigt werden. Nur dann kommt es zu einem fairen und realistischen Vergleich.
Falls Sie in der Familiengründungsphase stecken ist zwar eine freie Zeiteinteilung wertvoll, allerdings sind ein festes Einkommen und die damit verbundene Sicherheit für viele Freelancer, die in eine Festanstellung wechseln, ein ausschlaggebendes Kriterium. Bei der Rückkehr in die Festanstellung ist aber zu bedenken, dass während der Elternzeit Verdienste vom Elterngeld abgezogen werden. Außerdem werden Steuern und Abgaben fällig. Sie sollten sich deshalb mit einem Steuerberater besprechen, ob es sich finanziell für Sie tatsächlich rechnet, den festen Job anzunehmen.