Für viele Freelancer ist der Stundenlohn ein heikles Thema. Einerseits müssen sie ihre Kosten decken und wollen ihre Expertise ja auch keinesfalls unter Wert verkaufen. Andererseits möchten sie konkurrenzfähig bleiben, was mit astronomischen Stundensätzen natürlich schwierig ist. Wie also den berühmten Mittelweg finden? Das verraten wir Ihnen in diesem Beitrag.
Auslastung als entscheidende Größe
Besonders für Freelancer, die neu als Freie durchstarten, ist der wichtigste Punkt folgender: die eigene Auslastung und Belastbarkeit realistisch einzuschätzen.
Gerade in den Anfängen, wenn alles noch neu und aufregend ist und die Freelancer vor Ideen nur so sprühen, ist die Gefahr, sich zu übernehmen, groß. Denn auch der motivierteste Freelancer braucht zwischendurch ein paar Urlaubstage oder wird eben auch mal krank – nämlich durchschnittlich 18 Tage. Diesen Puffer sollten Sie beim Stundenlohn unbedingt berücksichtigen. Mit 300 Arbeitstagen im Jahr zu kalkulieren, ist schlicht und ergreifend unrealistisch und kaum zu stemmen. Und auch das Thema Wochenendarbeit sollte in diesem Zuge gut durchdacht sein und nur in Ausnahmefällen bemüht werden. Als allererstes gilt es also die Anzahl an Stunden festzulegen, die Sie (realistisch!) arbeiten können.
Hier sitzen Freelancer am längeren Hebel
Neben der eigenen Auslastung, ist auch die Marktlage entscheidend. Generell gilt in Bezug auf Löhne: andere Branche, andere Gehälter. Doch ein Punkt treibt die Stundensätze immer in die Höhe, nämlich der vorherrschende und andauernde Fachkräftemangel. Gerade im Bereich IT und Entwicklung (hier z.B. Softwareingenieure, Wirtschaftsinformatiker, Prozess- & Service-Manager) stehen die Chancen für Freelancer, überdurchschnittliche Gehälter ausbezahlt zu bekommen, sehr gut. Auch die Tatsache, dass viele Firmen und Projektanbieter oft kurzfristig und dringend einen Freelancer brauchen, kann Ihnen Vorteile beim Gehalt verschaffen. Dieser Punkt sollte jedoch nicht überstrapaziert werden, will man es sich mit dem Chef nicht verscherzen. Schließlich kann sich aus solchen Einsätzen oftmals eine längerfristige Zusammenarbeit ergeben. Generell hilft an dieser Stelle eine vorangehende Recherche: Wie ist die Marktlage momentan (generell und branchenabhängig), wie steht’s mit der Auftragslage und welche Löhne sind allgemein in der Branche üblich? Damit bekommen Sie einen ersten Überblick, auf dem sich dann weiter aufbauen lässt.
Zusatzkosten für Freelancer
Ihre monatlichen Fixkosten sind natürlich auch eine wichtige Größe bei der Berechnung Ihres Stundenlohns. Unter diese Fixkosten fallen jedoch nicht nur die üblichen Lebenshaltungskosten, sondern auch einige Zusatzkosten, die ein klassischer Angestellter nicht hat, bzw. die mit der Lohnsteuer schon abgedeckt sind. Dazu gehören v.a. Krankenkassenbeiträge und Renten- und Arbeitslosenversicherung. Aber auch eine Rechtsschutzversicherung kann sinnvoll sein, falls man als Freelancer wider Erwarten doch mal Haftungsansprüche geltend machen muss. Zusätzlich können gegebenenfalls Kosten für einen eigenen Steuerberater anfallen. Oder in seltenen Fällen Reisekosten, die der Auftraggeber nicht zahlt. Wenn Sie sich ein eigenes Büro bzw. Home Office einrichten, müssen Sie die Material- und Instandhaltungskosten selbst tragen. Diese sind jedoch in den meisten Fällen steuerlich absetzbar.
Geleistete vs. bezahlte Stunden
Als Freelancer werden Sie mehr Stunden arbeiten als Sie direkt vom Auftraggeber bezahlt bekommen. Denn die Akquise von neuen Aufträgen bzw. Kunden, „verlorene“ Arbeitstage für Weiterbildungen und Schulungen sowie Zeiten für Administratives, wie z.B. die Buchhaltung, werden nicht direkt bezahlt. Dieser Überhang muss also durch einen höheren Stundenlohn, als ihn Festangestellte bekommen, ausgeglichen werden – sodass diese Arbeitszeiten indirekt doch vom Auftraggeber übernommen werden. Experten haben dafür eine Faustregel: Als Freelancer-Neuling sollte eine direkt verkaufte Arbeitsstunde ca. zwei bis drei indirekt verkaufte Stunden abdecken. Eingespieltere Freelancer können diese Spanne etwas heruntersetzen. Mit unserer Suite-Funktion können Sie übrigens die exakte Anzahl an Stunden tracken, die Sie für ein Projekt aufwenden, sowie Ihre Rechnungen verwalten. Solche Tools sind ungemein praktisch: So können Sie beispielsweise Ihren Stundensatz anpassen, sollten Sie merken, dass Ihre ursprüngliche Rechnung doch nicht aufgeht.
Dinge, die einem vorher keiner sagt
Natürlich kann es zwischendurch auch mal eine kleine Durststrecke geben. Nicht immer reiht sich ein Projekt nahtlos an das nächste. In solchen Phasen sind finanzielle Rücklagen Gold wert. Experten raten sogar dazu, Rücklagen in Höhe von sechs Monatsfixkosten zurückzulegen – was auf den ersten Blick nahezu utopisch erscheint. Doch wenn Sie solche Puffer in die Berechnung Ihres Stundenlohns miteinbeziehen, wachsen Ihre Rücklagen jeden Monat, ohne dass sich das auf Ihren Alltag auswirkt. Sollte es doch mal eng werden, haben wir ein paar Spartipps zusammengeschrieben. Eine einfache Formel zur Berechnung Ihres Mindeststundensatzes gibt es hier.
Fazit
Letztendlich sind also vier Größen in die Berechnung des Stundenlohns einzubeziehen: Auslastung (samt Verteilung der direkt und indirekt bezahlten Stunden), Markt- und Auftragslage (Angebot und Nachfrage), Branchenpreise sowie eigene Fixkosten. Abschließend können Sie noch die gewünschte Gewinnspanne draufschlagen – schließlich wollen Sie langfristig nicht „nur“ die schwarze Null auf dem Kontoauszug sehen. Fertig ist Ihr Stundensatz!