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Manche Unternehmen greifen auf die Mithilfe von Freelancer zurück, um ihr Personal kurzfristig an individuelle Situationen anzupassen. Dies verschafft ihnen in vielen Fällen mehr Flexibilität. Es kann jedoch auch weniger Planungssicherheit bedeuten. Wir haben dieses Geschäftsmodell unter die Lupe genommen und den Nutzen für die Firmen untersucht.
Zusätzlich zum festen Personalstamm auch Freelancer zu beschäftigen eröffnet oftmals neue Möglichkeiten. Kurzfristige Engpässe können ausgeglichen oder fehlende Qualifikationen erweitert werden. Dennoch ist der Einsatz der freien Mitarbeiter auch mit vielen Regeln und zusätzlicher Arbeit verbunden. Zudem sind sie auch nicht für jeden Einsatz geeignet.
Unterschiede zwischen freien Mitarbeitern und Angestellten
Die zwei Beschäftigungsmodelle bieten verschiedene Vor- und Nachteile. Der größte Unterschied besteht darin, dass ein Freiberufler kein festes, regelmäßiges Gehalt bekommt. Hinzu kommen weitere Kriterien, welche die Verschiedenheit deutlich machen:
- Der Freelancer trägt die Beiträge zu den Sozialabgaben selbst.
- Für Freelancer besteht kein betrieblicher Kündigungsschutz.
- Freelancer sind nicht an firmeninterne Arbeitszeiten gebunden.
Wichtig ist auch die Einstufung von den Freiberuflern. Verschiedene Berufsgruppen und ihre Tätigkeiten sind hier im Einkommensteuergesetz (§ 18 EstG) bereits klar definiert:
- Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte
- Rechtsanwälte und Notare
- Vermessungsingenieure
- Architekten
- Wirtschafts- und Steuerprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte
- Heilpraktiker und Krankengymnasten
- Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer
Wann ist der Einsatz von Freelancern empfehlenswert?
Ein bloßer Vergleich der aufgewandten Kosten –Gehalt und Honorar – ist zu kurz gegriffen. Auch andere Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden.
Freie Mitarbeiter sind bestens geeignet, um personelle Engpässe auszugleichen oder auch fehlende Qualifikationen in der Projektwirtschaft zu kompensieren. Eine umfangreiche Studie im IT-Bereich hat herausgefunden, dass die Beschäftigung von Freelancern dort vor allem bei kurzzeitigen Einsätzen in einem Zeitraum von unter neun Monaten nach dem klassischen Kosten-Nutzen- Modell kostengünstig ist. Sie bräuchten demnach eine weitaus kürzere Startzeit bis zum Produktivitätsbeginn (ein Monat) als Festangestellte (drei Monate). Das progressive Kosten-Nutzen-Modell zeigt sogar einen noch größeren Kostenvorteil.
Möglichkeiten zur Umstrukturierung
In unsicheren Zeiten bietet die Beschäftigung freier Mitarbeiter die notwendige Flexibilität, zielgenau auf den aktuellen Bedarf an Personal zu reagieren. Es kann deshalb sehr kosteneffizient sein, eine größere Zahl an Freelancern zu beschäftigen, anstelle eines umfangreichen festen Personalstamms.
Wer die Zahl seiner Festangestellten reduzieren möchte hat dabei verschiedene Möglichkeiten. Statt einer Kündigung kann älteren Mitarbeitern eine Altersteilzeit oder auch eine Abfindung angeboten werden.
Um nicht an längere Kündigungsfristen gebunden zu sein, kann ein Aufhebungsvertrag eine gute Alternative darstellen. Allerdings ist hier die Zustimmung des Arbeitnehmers notwendig. Obwohl bei diesem Modell kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht, kann eine solche vertraglich vereinbart werden. Der Aufhebungsvertrag bietet beiden Parteien mehr Freiraum, das Ende eines Arbeitsverhältnisses selbstbestimmt zu gestalten.
Fixkosten für Personal gehören immer noch zu den höchsten regelmäßigen Ausgaben eines Unternehmens. Freelancer bieten hier mehr Spielraum um kurzfristig auf Schwankungen reagieren zu können.
Vorteile für den Arbeitgeber
Wie die Studie bestätigt hat, können Arbeitgeber davon profitieren, dass sich Freelancer schnell in neue Aufgabengebiete einarbeiten und in kurzer Zeit eine hohe Produktivität erzielen. Zudem verfügen sie durch die unterschiedlichen Projekte, an denen bereits mitgearbeitet wurde oftmals über einen hohen Erfahrungsschatz. Sie können ein Fachgebiet aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten, was häufig einen großen Vorteil darstellt.
Freelancer sind in der Regel besondere Experten auf einem ganz bestimmten Gebiet. Diese Expertise kann zielgerichtet für eine genau definierte Aufgabe eingesetzt werden. Die Qualifikation ist deshalb auch meist das Hauptkriterium bei der Wahl des passenden freien Mitarbeiters. Ein relativ hohes Honorar kann sich dabei durchaus rechnen. Durch die große Konkurrenz unter den Freelancern kann zudem mit einem hohen Leistungsniveau gerechnet werden.
Die Rekrutierungskosten bei Freelancern sind um einiges geringer als bei festangestellten Mitarbeitern. Vor allem spezielle Rekrutierungsplattformen und einschlägige Projektbörsen machen es heute weitaus einfacher, einen geeigneten freien Mitarbeiter mit relativ geringem Kostenaufwand zu finden.
Wenn der freie Mitarbeiter nicht direkt im eigenen Unternehmen tätig wird, sondern mit seiner eigenen Infrastruktur arbeitet (Rechner, Telefon, Büroräume, etc.), besteht auch hier ein Kostenvorteil, da kein Arbeitsumfeld zur Verfügung gestellt werden muss.
Ein Freelancer ist nicht durch arbeitsrechtliche Sicherheitsmechanismen geschützt. Bei Problemen kann die Kooperation kurzfristig beendet werden. Zudem muss schlechte Leistung nicht bezahlt werden. Dafür ist es jedoch wichtig, die Ziele der Zusammenarbeit schriftlich genau festzuhalten.
Nachteile für den Arbeitgeber
Ein gewisses Maß an Vertrauen ist für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Freelancern notwendig. Sie erhalten oftmals einen umfangreichen Einblick in das Unternehmen und auch in Abläufe und Details, die nicht nach außen getragen werden sollen. Eine Verschwiegenheitsklausel im Kooperationsvertrag schafft hier ein gewisses Maß an Sicherheit.
Freelancer arbeiten am liebsten und auch am effizientesten nach ihrem System.
Nach der Zusammenarbeit kann es deshalb zu Problemen kommen, wenn die Arbeit eine andere Struktur aufweist, als dies im Unternehmen üblich ist. Kurzfristig sinnvolle Lösungsansätze können zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise Nachteile aufweisen, die zunächst nicht bedacht wurden. Feste Mitarbeiter denken hier oftmals nachhaltiger und langfristiger – unter anderem, weil sie auch einen tieferen Einblick in die Firmenstruktur besitzen.
Strengere Regeln beim Arbeitnehmerüberlassungsgesetz machen es künftig schwieriger, externe Mitarbeiter zu beschäftigen – vor allem bei längerfristigen Kooperationen. Vor allem mit einem gestiegenen Verwaltungsaufwand ist zu rechnen. Verstöße gegen die neuen Regelungen werden zudem mit hohen Geldbußen bestraft.
Eine Ausnahme bildet die Beschäftigung von Freelancern, die über die Künstlersozialkasse versichert sind. Diese besondere Absicherung fordert einen Teil der Sozialleistungen von den Auftraggebern ein. Bei der Kostenkalkulation sollten diese Ausgaben also nicht
vergessen werden.
Das Wichtigste für Sie zusammengefasst:
- Freelancer bringen eine hohe Expertise in das Projekt und können bei Personalengpässen im Unternehmen schnell und effektiv unterstützen
- Stimmen Sie sich vorher mit dem Freelancer ab, damit firmeninterne Standards eingehalten werden
- Stellen Sie sich darauf ein, dass Freelancer eine individuelle Arbeits- und Herangehensweisen haben
Freelancer können mit ihrer hohen Expertise, frischen Ideen und der zügigen Herangehensweise bei vielen Projekten einen entscheidenden Vorteil bieten. Vor allem bei den Kosten sind sie bei kürzeren Kooperationen eine gute Wahl. Sie ermöglichen es, Arbeitsbereiche auszugleichen oder zu erweitern, die im Unternehmen nicht oder nicht ausreichend durch eigenes Personal abgedeckt sind. Zeitliche Engpässe können ebenfalls gut abgefangen werden.
Bei der Kalkulation dürfen versteckte Kosten, wie Beiträge zur Künstlersozialkasse nicht vergessen werden. Wer langfristig von einem Arbeitsergebnis mit Freelancern profitieren will, sollte Wert darauf legen, dass firmeninterne Standards in besonderem Maße berücksichtigt werden. Für Projekte, welche einen tieferen Einblick ins Unternehmen voraussetzen, sind Freelancer nicht so gut geeignet.
Artikel-Update: November 2022
Hallo,
der Absatz
“Strengere Regeln beim Arbeitnehmerüberlassungsgesetz machen es künftig schwieriger, externe Mitarbeiter zu beschäftigen – vor allem bei längerfristigen Kooperationen. Vor allem mit einem gestiegenen Verwaltungsaufwand ist zu rechnen. Verstöße gegen die neuen Regelungen werden zudem mit hohen Geldbußen bestraft.”
sollte meines Erachtens überarbeitet werden, da die Überarbeitung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wohl hauptsächlich die Arbeitnehmerüberlassung betrifft. Der Kontext (Freelancer) passt hier wohl nicht.
Stefan Klatt
Das zum 1. April 2017 in Kraft getretene überarbeitete Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bietet gerade für Freelancer Vorteile, die über einen externen Personaldienstleister bei einem Kunden vor Ort im Einsatz sind. Insbesondere für längerfristige Kooperationen oder Projekte, die immer wieder verlängert werden, bietet die Arbeitnehmerüberlassung via Personalrecruiter sowohl Freelancern als auch Unternehmen handfeste Vorteile, sowohl juristischer als auch verwaltungstechnischer Art. Freelancer sind dann für die Dauer eines konkreten Einsatzes fest beim Personalrecruiter angestellt, die Gefahr der Scheinselbständigkeit ist damit vom Tisch.