Digitalisierung, Globalisierung, demographischer Wandel. Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch und ruft vor allem eines hervor: andauernden Fachkräftemangel. Was genau dahintersteckt, welche Branchen betroffen sind und wo angesetzt werden soll, lesen Sie hier:
Hintergrund des Fachkräftemangels
Viele Experten sehen den demographischen Wandel als Hauptursache des Fachkräftemangels. Die Bevölkerung wird zurückgehen, die Frage ist bislang noch, wie weit. Und wo kein Nachwuchs, da wird es auch mit den Fachkräften zunehmend schwieriger. Aber auch der wachsende Trend hin zum Studium sorgt für Verknappung in einigen Berufswelten, besonders im Handwerk und der Pflege. Hoffnung und Sorge zugleich ist, dass die Digitalisierung im Zuge von Industrie 4.0 und IoT diese Entwicklung abfedert. Welche Stellen inwieweit künftig von Sensorik und Maschinen übernommen werden, ist noch nicht vollständig ersichtlich. Andererseits werden auch Stimmen lauter, die den Fachkräftemangel eher als geschickte Strategie von Unternehmen sehen, durch die sie versuchen, neue (und junge) Leute für die zu besetzenden Stellen zu gewinnen.
IT-Branche im Fokus
Der Fachkräftemangel nur ein Mythos? Fakt ist, im Bereich IT und Technik gibt es ihn tatsächlich. Das zeigt sich auch an der Lohnentwicklung. Denn die gilt als zuverlässigser Indikator für die Messung des Fachkräftemangels: Steigen die Löhne stark an, ist das Angebot an Experten klein, eine erhöhte Nachfrage spricht jedoch auch gleichzeitig für einen gewissen Wirtschaftsboom. So liegt beispielsweise der Stundenlohn eines Freelancers im Bereich Software-Entwicklung mittlerweile bei etwa 84 Euro. Prekär wird es jedoch vor allem in einer Branche: Pflege und Gesundheit. Hier herrscht ein starker Mangel an geschultem Fachpersonal, das Pflegepersonal ist notorisch unterbesetzt. Laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sei die Lage dabei im Süden, besonders aber im Osten kritisch. Immer lauter werden deshalb die Stimmen nach Freelancern in beiden Bereichen.
Aussichten
Dabei erkennen immer mehr Unternehmen auch, dass das klassische Arbeitsmodell mehr und mehr ausgedient hat. Stichwort ist hier Flexibilität. Das gilt einerseits für festangestellten Mitarbeiter, denn auch hier sind flexiblere Arbeitszeiten vielerorts bereits etabliert. Andererseits setzen Unternehmen verstärkt auf Freelancer, um die vakanten (Projekt-) Stellen zu besetzen. So sind auch bei uns auf freelance.de die Top-Drei der meistgefragten Branchen der IT-Sektor, die Bereiche Management und Strategie sowie Technik und Ingenieurwesen – hier scheint sich der Fachkräftemangel direkt widerzuspiegeln. Was die Digitalisierung betrifft, so werden zukünftig auch sogenannte kollaborative Systeme forciert. Hier soll die Technik den Menschen bei seiner Arbeit unterstützen, ihn dabei aber nicht ersetzen.
Trends
Doch auch abseits dieser Punkte wird zunehmend an die Unternehmen appelliert, ihre Anforderungen und Arbeitsbedingungen weiter anzupassen. So sind Dumpinglöhne bei gleichzeitig geforderter jahrelanger Erfahrung erstens unrealistisch und schmälern zweitens die Attraktivität des gesamten Berufsfeldes. Gleichzeitig können Unternehmen aktiv in ihre Weiterbildungspolitik investieren – und in die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter. Denn die ist gute Werbung. Außerdem werden immer mehr Unternehmen kreativ im Kampf gegen den Fachkräftemangel: So ließ beispielsweise ein namhaftes Unternehmen auf der CeBIT Besucher in einem Quiz gegen einen versierten Entwickler antreten. Das erzeugt Aufmerksamkeit – die beste Währung im Kampf um die besten Fachkräfte.
Lesen Sie dazu auch, welche Skills jetzt vor allem bei Freelancern gesucht werden und welche Trends in Zukunft auf Sie warten.
Der Fachkräftemangel in der IT-Branche ist offenbar kein Mythos, aber er ist zu einem beträchtlichen Teil hausgemacht. Fehlende Flexibilität und übertriebenes Anspruchsdenken verhindern eine Nutzung der durchaus vorhandenen Reserven an Fachkräften und Freelancern.
Ich hörte erst letzte Woche von einem Headhunter, mit 57 Jahren wäre man zu alt. Und das war kein vorgeschobenes Argument, um einen zu hohen Stundensatz zu umschreiben – im Gegenteil.
Viele Auftraggeber weigern sich standhaft, geeignete Projekte/Projektteile an Remote-Freelancer zu vergeben, obwohl keine fachlichen Gründe dem entgegen stünden. Eine langjährige Freelancerin aus meinem Bekanntenkreis kann wegen eines aufsichtsbedürftigen (nicht pflegebedürftigen) behinderten Partners nicht onsite arbeiten. Sie muss Klinken putzen ohne Ende, um ein Projekt zu bekommen.
Recruiter versteifen sich auf marginale Skills, welche man sich als erfahrener Entwickler problemlos in wenigen Tagen aneignen könnte. Klar werden sie dann von vielen Kollegen angelogen, aber kann man das nicht einfacher uns seriöser regeln? Viele wäre bereit, sich auf eigene Kosten einzuarbeiten, oder man teilt sich die Kosten. Aber nein, lieber stimmt man das Trauerlied vom Fachkräftemangel an. Ich kann es nicht mehr hören!