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Die Projektakquise für Freelancer ist immer erst die Pflicht, doch wann beginnt die Kür? Richtig, bei der Honorarverhandlung. Sie möchten bei Ihren nächsten Angeboten Ihre Honorarziele besser durchsetzen? Mit unseren Tipps zeigen wir Ihnen, welche Herausforderungen es zu meistern gilt.
Was die fünf häufigsten Fehler bei Honorarverhandlungen sind und wie sie diese vermeiden können, erfahren Sie jetzt.
Fehler 1: Sie haben keinen kalkulierten Stundensatz
Freelancer müssen frei wirtschaften und ihre Selbstständigkeit somit aus eigener Kraft tragen. In vielen Fällen funktioniert das exzellent
Ein Studie des Personaldienstleisters Gulp, die Daten zwischen 2017 und 2021 erhoben hat, zeigt einen deutlichen Anstieg des durchschnittlichen Stundenlohns für Freelancer. Demnach lag der Stundensatz 2021 im Durchschnitt bei 98,37 Euro. Zum Vergleich: 2017 lag er der Studie zufolge bei 89,87 Euro.
In der Realität sieht das Einkommen vieler Freelancer:innen aber nicht so rosig aus. Nicht in jeder Branche werden Fachkräfte so händeringend gesucht, wie in der IT. Wo keine Nachfrage herrscht, können Freelancer nur selten derart hohe Stundensätze aushandeln. Warum sollten die Auftraggeber solche Preise bezahlen, wenn es der Konkurrent für die Hälfte macht? Wer hier nicht schlagkräftige Gegenargumente sowie ausreichend Selbstbewusstsein mitbringt, um seiner Kalkulation treu zu bleiben, arbeitet schnell für ein geringeres Honorar als angedacht. Ein Fehler, der existenzgefährdend werden kann. Denn die laufenden Kosten in der Selbstständigkeit sind hoch: Versicherungen, Steuern oder die Miete eines Büros belaufen sich oftmals auf mehrere tausend Euro im Monat an Fixkosten. Mögliche Auftragsschwankungen, Ausfallzeiten durch Krankheit oder ein Urlaub sind damit noch lange nicht gedeckt und ebenso wenig die Lebenshaltungskosten. Als Freelancer richtig zu wirtschaften, gekonnt zu kalkulieren und diese Honorare dann auch durchzusetzen, ist alles andere als einfach. Worauf also müssen Sie achten?
Haben Sie Ihren Gewinn mit eingerechnet? Nein? Das sollten Sie auf jeden Fall tun. Vergessen Sie Ihren den Gewinn nie! Bevor Sie ein Angebot für ein Projekt abgeben, kalkulieren Sie erst einmal genau Ihren Stundensatz. In der Honorarverhandlung wissen Sie dann genau, bei welchem Gehalt Sie wirtschaftlich und mit Gewinn arbeiten. Insbesondere jüngere Freelancer:innen kalkulieren z.B. gerne nur mit ihren Fixkosten für Miete oder Versicherungen. Sie vergessen dabei jedoch Rücklagen oder Steuervorauszahlungen.
Brauchen Sie eine Richtschnur für Ihre Honorarverhandlung? Dann kalkulieren Sie jetzt hier als Freelancer Ihren Stundensatz!
Fehler 2: Sie bieten einen geraden Stundensatz an
Schaffen Sie Verhandlungsspielraum für sich selbst und bieten Sie Ihre Preise nicht zu niedrig an. Gewinnmaximierung ist schließlich ein Ziel in jedem Unternehmen. Runden Sie gerne auf, nur eben auf einen krummen Wert. So geben Sie sich selbst die Freiheit, dem Auftraggeber im Rahmen der Verhandlung entgegenzukommen. Er ist zufrieden und Sie unterschreiten nicht Ihre Untergrenze. Und zahlt der Kunde am Ende doch mehr, so sagen Sie gewiss auch nicht „Nein“.
Kein Auftraggeber kann Ihnen nachträglich noch etwas überweisen wird, weil er von selbst denkt, dass Ihr Angebot zu günstig war. Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie die Preise in unrealistische Sphären heben müssen.
Unser Tipp: Setzen Sie Ihren Stundenpreis rund 10 Prozent über den kalkulierten Stundensatz an. So haben Sie ausreichend Spielraum, um in Verhandlungen niedriger zu gehen, ohne dass Ihr Basis-Stundensatz abgesenkt wird.
Fehler 3: Sie setzten Ihre Preise zu niedrig an
Schaffen Sie Verhandlungsspielraum für sich selbst und bieten Sie Ihre Preise nicht zu niedrig an. Gewinnmaximierung ist schließlich ein Ziel in jedem Unternehmen. Runden Sie gerne auf, nur eben auf einen krummen Wert. So geben Sie sich selbst die Freiheit, dem Auftraggeber im Rahmen der Verhandlung entgegenzukommen. Er ist zufrieden und Sie unterschreiten nicht Ihre Untergrenze. Und zahlt der Kunde am Ende doch mehr, so sagen Sie gewiss auch nicht „Nein“.
Kein Auftraggeber kann Ihnen nachträglich noch etwas überweisen wird, weil er von selbst denkt, dass Ihr Angebot zu günstig war. Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie die Preise in unrealistische Sphären heben müssen.
Unser Tipp: Setzen Sie Ihren Stundenpreis rund 10 Prozent über den kalkulierten Stundensatz an. So haben Sie ausreichend Spielraum, um in Verhandlungen niedriger zu gehen, ohne dass Ihr Basis-Stundensatz abgesenkt wird.
Fehler 4: Sie haben sich keine Untergrenze gesetzt
Gute Arbeit hat ihren Preis, lautet die landläufige Überzeugung. Jeder Freelancer sollte mit einem klaren Minimum in die Verhandlung gehen und dieses niemals unterschreiten. Ein Wert also, mit welchem er noch alle Ausgaben decken kann und zumindest einen kleinen Gewinn erzielt. Wer sich zu weit herunterhandeln lässt, riskiert seine wirtschaftliche Existenz und wirkt auf den Kunden weniger überzeugend. Dementsprechend schlussfolgern zahlreiche Auftraggeber, dass günstige Freelancer auch qualitativ schlecht arbeiten – und zahlen lieber etwas mehr für die teurere Konkurrenz. Klingt ironisch, ist aber so!
Hier kommen wir wieder zum erstgenannten Fehler: Es ist für die Wirtschaftlichkeit als Freelancer elementar, seinen eigenen Preis zu kennen. Machen Sie beim selbst kalkulierten Stundensatz keine Abstriche.
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Fehler 5: Sie bieten zu schnell einen Nachlass an
In der Ruhe liegt die Kraft. Das gilt auch bei Verhandlungen. Als Freelancerin oder Freelancer sind Sie natürlich von Aufträgen abhängig. Werden Sie auch schlechter Auftragslage nicht ungeduldig, wenn sich potenzielle Auftraggeber viel Zeit mit einer Zu- oder Absage lassen.
Manche Freelancer:innen wollen dann den Prozess beschleunigen, indem Sie z.B. das Angebot nochmals anpassen und im Preis runtergehen. Das scheint im ersten Moment eine gute Lösung zu sein, ist es jedoch in der Regel nicht. Zum einen verkaufen Sie sich und Ihre Leistung so zu „billig“. Das Gegenüber könnte sich z.B. fragen, ob Sie sich preislich überschätzt haben oder ob Ihre Leistung nicht so gut ist. Ebenso könnten potenzielle Auftraggeber:innen Ihren Auftragsdruck ausnutzen und den Preis noch stärker drücken wollen.
Deshalb: Bevor Sie gleich im Preis nachlassen, sollten Sie bei ausbleibender Zusage lieber noch einmal per Mail oder direkt per Telefon nachhaken. Oftmals liegt die verzögerte Rückmeldung nicht am zu hohen Preis, sondern schlicht und einfach daran, dass sich niemand mehr um das Projekt gekümmert hat oder es in der Prioliste nach hinten gerutscht ist.
Zusatztipp: Es kommt leider immer wieder vor, dass potenzielle Auftraggeber:innen kostenlose „Probearbeiten“ vor einer möglichen Auftragsvergabe verlangen. In diesem Fall sollten Sie die Honorarverhandlung abbrechen oder ein Angebot für eine Vergütung vorlegen. Kostenlos sollten Sie Ihre Leistung nicht erbringen. Hier haben wir uns genauer mit der Frage der fairen Freelancer Bezahlung beschäftigt.
Unsere Tipps für Sie zusammengefasst:
- Stay cool and smile! Stehen Sie zu Ihrem Expertenwissen und zu Ihrem Angebot. Als Freelancer müssen Sie Ihren Stundensätze selbst kalkulieren und den Markterfordernissen anpassen. Eine genaue Kalkulation bildet die Grundlage für jede Honorarverhandlung.
- Überzeugen Sie mit Ihren Referenzen, mit Ihrer Ausstrahlung und Ihrem Kommunikationsgeschick. Einem sympathischen Selbstmarketing sind keine Grenzen gesetzt. Präsentieren Sie sich selbstbewusst. Das ist schon die halbe Miete.
- Sie brauchen mehr Sichtbarkeit? Die können Sie haben! Auf unserer digitalen Plattform finden Sie in Ihrem Profil viele Features, wie Sie Ihre Sichtbarkeit steigern können. Denn je aktueller Ihr Profil, desto weiter nach vorne rücken Sie in den Suchergebnissen.
Wie geht es Ihnen bei der Honorarverhandlung? Welche Herausforderungen haben Sie? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen als Kommentar.
Probearbeiten? Warum? Um sich von meiner Kompetenz zu überzeugen?
So etwas hat bislang nur ein Klient, ein Provider, verlangt.
Ich bin darauf eingegangen. Allerdings unter der Voraussetzung dass vorab schon mal 5000 EUR Akontozahlung geleistet wird. …. um mich davon zu überzeugen, dass Zahlungen auch pünktlich geleistet werden.
Ein Affront? Aber sicher… eine Anfrage zu stellen und dann “Probearbeiten” zu verlangen ist ein durchsichtiges Manöver das adäquat beantwortet gehört. Am Ende ist das Risiko groß, dass der freelancer “ausgetanzt” wird sobald er in die Dumping-Spirale geraten ist. Nebenbei: “Probearbeiten” ist etwas völlig anderes als “Arbeitsproben”.
Wer sich eine hohe Reputation erarbeitet hat und dazu seine Kalkulation notfalls erklären kann, kann da recht gelassen bleiben.
Ich erwidere bei allzu forscher Verhandlung gerne auch mal, dass alle Aufträge die gleichen Grundanforderungen haben: gut – schnell – billig. Es sind allerdings immer nur 2 Anforderungen gleichzeitig erfüllbar: gut und schnell ist nicht billig, gut und billig ist nicht schnell, und schnell und billig ist nicht gut!
In diesem Sinne: Horrido
Hallo Herr Heller,
vielen Dank für Ihren wertvollen Einblick und Ihr Feedback. Auch hier sind wir einer Meinung: Gut und schnell ist nicht billig, gut und billig ist nicht schnell und schnell und billig ist nicht gut! Ihr freelance.de Team
Ein sehr gelungener Artikel!
Ich selbst arbeite nicht in Stundensätzen. Das kann ich auch gar nicht, weil ich als SEO Freelancer zum Beispiel auch mal Backlinks einkaufe und diese dann von meinem Geld bezahle. Deshalb arbeite ich gerne immer mit einem Budget, dass ich dann nutze, um die Ziele meiner Kunden zu erreichen.
Dominik
Hallo Dominik,
danke für das Feedback. Tatsächlich eignet sich nicht immer der Stundensatz, häufig kann die Abrechnungen in Pauschalen oder nach “Paketen” sinnvoll sein.
Aber auch hierbei sollte der Freelancer seinen eigentlichen Stundensatz nicht aus den Augen verlieren. Viele Grüße von Ihrem freelance.de Team