Ob Freelancer oder Unternehmer:innen: Wer gründen will, braucht einen Businessplan. Das Dokument ist notwendig, wenn Banken, Investoren oder die Arbeitsagentur davon überzeugt werden sollen, dass eine Geschäftsidee tragfähig ist. Auch für Freelancer ist der Businessplan für die Existenzgründung ein wichtiger Leitfaden, um Ihre Geschäftsidee zu planen und erfolgreich umzusetzen.
Businessplan für Freelancer
Davon ist auch Johannes Straßgütl überzeugt: Rund 20 Jahre hat er bei den AktivSenioren Bayern e.V. Unternehmensgründer:innen und angehende Freelancer ehrenamtlich beraten und bei der Existenzgründung begleitet. Wir haben mit ihm ein Interview über Herausforderungen und Stolpersteine auf dem Weg in die Selbstständigkeit geführt.
Herr Straßgütl, was sind klassische Fehler bei der Existenzgründung?
Gerade auch Freelancer erwarten zu hohe Gewinne. Wenn sie ihre Prognosen für den Businessplan erstellen, gehen sie davon aus, dass der Umsatz Jahr für Jahr kontinuierlich steigt. Das entspricht nicht der Realität. In unserer Beratung holen wir sie wieder auf den Boden. Wir gehen akribisch alle Zahlen Punkt für Punkt durch und ermitteln eine realistische Gewinnprognose, die für die Geldgeber glaubwürdig ist.
Sie haben auch Freelancern geholfen, einen Businessplan zu erstellen. Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Zunächst haben wir uns den Lebenslauf, die Qualifikation und die Berufserfahrung angesehen und uns die Geschäftsidee ganz genau erklären lassen. Bei diesen Erstgesprächen haben wir meist sehr schnell gemerkt, ob eine Idee dauerhaft tragfähig ist.
Wie ging es danach weiter?
Bei aussichtsreichen Bewerbungen haben wir uns dann vor Ort einen persönlichen Eindruck der zukünftigen Geschäfts- oder Produktionsräume gemacht. Ist das Objekt geeignet? Welche Investitionen sind notwendig? Gerade auch bei Unternehmensnachfolgen oder Änderungen des Produktionsprogramms ist die Vor-Ort-Begehung elementar. Bei Bedarf haben wir im Nachgang Kontakte zu Steuerberatern oder Rechtsanwälten vermittelt.
Der Businessplan besteht aus zwei Teilen…
Im Geschäftsplan sollten die Geschäftsidee und das Gründerprofil detailliert ausgearbeitet werden:
- Was zeichnet die Geschäftsidee (Strategie, Zielgruppe, Ziele, Kundennutzen) aus?
- Was unterscheidet das Produkt oder die Dienstleistung von der Konkurrenz (Alleinstellungsmerkmal)?
- Warum sind Sie für diese Unternehmung geeignet (Qualifikation, Stärken, Schwächen)?
- Welche Geschäftsform ist passend (für Freelancer Personengesellschaft, wie GbR, OHG und KG oder Einzelunternehmen)?
- Welche Marketingmaßnahmen sind geplant?
- Eine Markt-, Kunden- und Wettbewerbsanalyse runden diesen Teil ab.
BU: Seien Sie ehrlich zu sich selbst und setzen Sie sich mit Ihren Stärken und Schwächen auseinander.
Der Finanzplan enthält eine vollständige Auflistung des vorhandenen und benötigten Kapitals. Zudem stellt er Umsatz- und Ertragserwartungen in Zahlen dar. Preiskalkulationen, Marketing und Rentabilitätsabrechnungen sind elementare Bestandteile. So wird ersichtlich, ob das Unternehmen gewinnorientiert arbeitet und Kredite zurückbezahlt werden können. Werfen Sie einen Blick in die Zukunft:
- Mit welcher Auslastung rechnen Sie in 1, 2 und 3 Jahren?
- Wie gestalten sich jeweils Preise und Gewinne?
- Welche Kosten stehen dem gegenüber?
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Danach ging es an den Finanzplan?
Genau. Nachdem wir uns einen vollständigen Überblick verschafft hatten, konnten wir den Finanzbedarf gut einschätzen. Schritt für Schritt haben wir für die Existenzgründung einen ersten einfachen Finanzplan erstellt. In einer Excel-Liste wurden sorgfältig alle Positionen auf der Haben-Seite und Soll-Seite aufgelistet und eine erste Gewinn- und Verlustrechnung aufgestellt.
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Wozu dient dieser Finanzplan?
Er dient der Überprüfung der Kreditwürdigkeit. Auch die meisten Freelancer kommen zu uns, weil sie eine Tragfähigkeitsbescheinigung für den Gründungszuschuss der Arbeitsagentur oder einen zinsvergünstigten Kredit von der LfA Förderbank Bayern oder der KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau beantragen möchten. Als fachkundige Stelle sind wir berechtigt Tragfähigkeitsbescheinigungen zu erstellen. Dafür prüfen wir eine Geschäftsidee auf Herz und Nieren. Unser Ziel ist es herauszufinden, ob die Freelancer mit ihrer Idee langfristig ihr Leben finanzieren können.
Alles, was Sie über den Gründungszuschuss wissen müssen, erfahren Sie hier.
Worauf kommt es bei der Existenzgründung an?
Auf die Geschäftsidee, die Finanzierung und die Persönlichkeit der Gründer:innen. Sind Sie glaubwürdig? Brennen Sie für Ihre Idee? Sind Sie belastbar, wenn es mal nicht so gut läuft? Welche Ideen haben Sie, um Ihr Unternehmen zu vermarkten? Wir haben zwar einen gewissen Ermessensspielraum, aber wenn einer der Faktoren gar nicht passt, lehnen wir eine Befürwortung auch ab.
Garantiert die Tragfähigkeitsbescheinigung, dass Fördergelder fließen?
Nein. Die letzte Entscheidung trifft die Arbeitsagentur für den Gründungszuschuss oder die Bank für die Kreditvergabe. Liegt eine Tragfähigkeitsbescheinigung von uns vor, wird die Förderung in den meisten Fällen genehmigt.
Wie unterstützt AktivSenioren Bayern e.V.?
Der gemeinnützige Verein berät bei Existenzgründungen. Die Beratung erfolgt ehrenamtlich und unabhängig durch Unternehmer, Selbständige und Führungskräfte im Ruhestand. Für die Existenzgründungsberatung wird einmalig eine Kostenpauschale von 100.- Euro erhoben. Mehr erfahren Sie unter https://www.aktivsenioren.de/
Sind diese Freelancer oder Unternehmen dann auch langfristig erfolgreich?
Etwa 85% der Gründer:innen, die wir aktiv begleitet haben, konnten sich erfolgreich etablieren. Darunter auch Freelancer vom Schreibbüro bis zum Zahntechniker.
Existenzgründer-Tipp:
Weder die Agentur für Arbeit noch Banken akzeptieren einen Businessplan, der nicht von einer autorisierten fachkundigen Stelle auf Tragfähigkeit überprüft wurde. Suchen Sie deshalb so früh wie möglich professionelle Unterstützung bei:
- AktivSenioren
- Kammern
- Fachverbänden
- Steuerberatern
- Gründerzentren
Einen Muster-Businessplan, in dem Sie Ihre Ideen und erste Zahlen erfassen können, stellt unter anderem die IHK-Bayern auf ihrer Website zur Verfügung: https://www.ihk-muenchen.de/businessplan/.
Lesen Sie hier: 10 Tipps für die erfolgreiche Existenzgründung
Sie hatten 27 Jahre als Bankvorstand mit Existenzgründungen zu tun und waren knapp 20 Jahre als Berater bei den AktivSenioren Bayern e.V. Was war in dieser Zeit die verrückteste Geschäftsidee?
Eine Dame wollte auf Grundstücken Wasseradern mit der Wünschelrute aufspüren. Wir haben nicht daran geglaubt, dass sie sich damit dauerhaft ihren Lebensunterhalt finanzieren kann.
Und was die bislang Erfolgreichste?
Persönlich begleitet habe ich über einen längeren Zeitraum eine Goldhandelsgesellschaft. Mittlerweile hat sich das Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz etabliert. Auch das Unternehmen, dass die Luftkissentechnik für die Allianz Arena entwickelt hat, hat mit der Unterstützung der AktivSenioren Bayern e.V. gegründet.
Wovon profitieren Freelancer, wenn Sie sich von den AktivSenioren beraten lassen?
Von einer ehrlichen Beratung und jahrzehntelanger Erfahrung.
Das Wichtigste zum Thema Businessplan für Freelancer zusammengefasst:
Ein detaillierter und realistischer Businessplan ist die Eintrittskarte in die Selbstständigkeit. Er hilft von Anfang an Risiken zu minimieren und Ziele zu erreichen.
- Der Businessplan besteht aus einem Geschäftsplan und einem Finanzplan.
- Er ist Leitfaden für unternehmerische Entscheidungen und Handlungen.
- Er ist elementar für die Beantragung von Gründungszuschuss und Krediten.
- Als Anlage sind ein Lebenslauf und Qualifikationsnachweise sowie berufsspezifische Zertifikate, Zulassungen oder Patente erforderlich.
- Er ist neben der Tragfähigkeitsbescheinigung das wichtigste Dokument, um Kreditgeber oder Investoren zu überzeugen.
Wie hat Ihnen der Businessplan weitergeholfen? Welche Tipps zur Erstellung eines Businessplans haben Sie für Gründer:innen?
Dipl.-Kfm. Johannes Straßgütl war von 1975 bis 2002 Vorstand der Volksbank Erding. Von 2004 bis 2023 hat er als ehrenamtlicher Berater bei den AktivSenioren Bayern e.V. Gründerinnen und Gründer bei der Existenzgründung begleitet. Sein Schwerpunkt: der Businessplan.
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