„Ich sehe mit Sorge, dass bestehende Versorgungslücken bei Freiberuflern aktuell größer werden und die Unsicherheit steigt, was langfristige Anlagen angeht“, meint Berti Fischer, der Freiberufler als Versicherungsmakler bei Bigmedia Deutschland berät. Dabei hat er nur einen einzigen Tipp für alle Freelancer: „Das wichtigste ist, die Altersvorsorge anzugehen. Etwas tun ist immer besser als abwarten.“
Empfehlenswert sei ein Mix in vielerlei Hinsicht: „Die Vorbereitung für das Alter sehe ich als dauerhaftes Vermögenskonzept. Jeder Selbstständige muss seinen eigenen Weg finden und kurz-, mittel- und langfristige Anlagen aus vielerlei Möglichkeiten mischen. Ein Immobilienkauf ist zum Beispiel nicht jedermanns Sache. Wer sich das dafür nötige Know-How nicht aneignen will, findet vielleicht eine Rentenversicherung interessanter.“
Im Folgenden stellen wir Ihnen die wichtigsten Bausteine der Altersvorsorge für Selbstständige vor. Im letzten Abschnitt hat Berti Fischer einen Praxisipp für Sie, wie Sie den Vermögensaufbau fürs Alter direkt angehen können.
Altersvorsorge für Selbstständige: Pro und Kontra der gesetzlichen Rentenversicherungen
Die Versicherungspflicht für Selbstständige ist politisch stark umstritten. Nicht jeder, der alle beruflichen Risiken gerne und gut selbst trägt, will sich für die Rente in ein gesetzliches Korsett zwingen lassen. Andererseits zeigt gerade die Corona-Krise mit welchen Unwägbarkeiten Selbstständige konfrontiert sein können. Sie hat das Risiko für Altersarmut bei Selbstständigen erhöht. So empfiehlt etwa die Stiftung Warentest, sich freiwillig gesetzlich zu versichern, wenn noch große Lücken in der Basisrente bestehen und die Anleger nicht zum Renteneintritt auf einen Schlag auf ein größeres Vermögen zugreifen wollen. Die gesetzliche Rentenversicherung soll zudem gewisse Risiken von privaten Vorsorgen abmildern.
In den ersten fünf Jahren einer Selbstständigkeit kann man sich auf Antrag pflichtversichern, eine freiwillige gesetzliche Rentenversicherung ist immer möglich. Die Pflichtversicherung ist zwar weniger flexibel, was Beitragszahlungen oder den Vertrag an sich angeht, sichert aber die Leistungen zu. Bei der freiwilligen gesetzlichen Versicherung ist man flexibler, profitiert dann aber nicht von allen Leistungen.
Altersvorsorge für Freelancer: Immobilienkauf und Festgeldkonten
Als sehr sicher gelten weiterhin Immobilien. Auch die Corona-Krise konnte den Boom nicht stoppen, Häuschen im Grünen boomen, Mieten in Städten steigen weiter.
Immer noch gilt: Immobilien sind relativ günstig zu finanzieren. Doch vor dem Kauf ist mehr denn je darauf zu achten, wo und was man einkauft: Eine überteuerte Immobilie in schlechter Lage kann auch zur Falle werden. Damit die Immobilie ihren Wert hält oder an Wert gewinnt, sind weitere Investitionen nötig. Mit einem guten Finanzberater sollte das vorab einberechnet werden. Wer die Immobilie selbst bewohnen will und – vor allem im Alter – nicht von Mieteinnahmen profitieren kann, muss zudem an weiteren Vermögensaufbau denken. Denn ein Haus oder eine Wohnung zahlen nicht die Ausgaben für Essen, Kleidung, Reisen.
Wer allerdings aktuell mit sinkenden Einnahmen kämpft, ist weit davon entfernt, an die Finanzierung einer Immobilie zu denken. Geld einfrieren lässt sich auch für Freelancer relativ einfach mit Tages- oder Festgeldkonten. Dank Niedrigzinsen sind diese aber nicht für den Vermögensaufbau geeignet, sondern eher als Parkstation für Rücklagen, auf die man schnell zugreifen möchte. Und Gold, das lange als wertstabil galt, bezeichnen Finanzexperten inzwischen eher als Spekulationsobjekt.
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Vorsorgen durch Aktien- und Fondskauf: So legen Freelancer geschickt an
Immobilien gehören in jeden Altersvorsorge-Mix, heißt es vielfach. Wer aus oben genannten Gründen keine eigene Immobilie finanzieren will oder kann, tut eventuell gut daran, stattdessen in einen wertbeständigen Immobilienfonds zu investieren. Aktien und Fonds bieten inzwischen auch viele weitere Auswahlmöglichkeiten, die sich nach den Interessen des Anlegers richten: etwa klimafreundliche oder Fonds mit als sozial sinnvoll bewerteten Anlageobjekten. Trotz Wirtschaftsknick in den Corona-Jahren wird eine Fonds-Anlage weiterhin empfohlen, da sich die Wirtschaft erholt und wandelt.
Finanzexperten warnen allerdings davor, sich momentan auf einzelne Aktien zu konzentrieren – auch auf solche, die vermeintlich Krisengewinner sind, weil viel Vorwissen erforderlich ist. Viel besser sei es, seine Investitionen breit zu streuen.
Vorsorgen durch Versicherungen: Auf diese Versicherungen können Selbstständige setzen
Wer Mitglied der Künstlersozialkasse ist und somit Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann – aktuell noch – von der so genannten Riesterrente profitieren, die staatlich gefördert wird. Alle anderen Freelancer, die nicht Teil eines Versorgungswerks sind, können sich über Möglichkeiten der Rürup-Rente informieren: Sie bietet im Gegensatz zu privaten Rentenversicherungen klare Steuervorteile in der Ansparphase.
Klassische, kapitalbildende Lebensversicherungen sind wegen der Niedrigzinsen in den letzten Jahren mancherorts in Verruf geraten. Doch Versicherungsexperten stellen die Vorteile heraus: Gerade, wer eher kritisch auf boomende Aktienmärkte blickt, orientiert sich wieder an Versicherungen. Als Modell „Rentenversicherung“ erhalten die Versicherten monatliche Beiträge ausbezahlt, nicht den gesamten Beitrag zu einem bestimmten Zeitpunkt. Es profitiert also, wer lange lebt. Parallel dazu erfuhren fondsgebundene Lebensversicherungen teilweise Aufwind. Doch sie sind als Risikolebensversicherung lediglich für Hinterbliebene gedacht und bringen Steuernachteile mit sich.
Auch die Rürup-Rente gibt es als fondsgebundenes Modell. Um böse Überraschungen bei fallenden Aktienmärkten zu vermeiden, kann man einen Anbieter wählen, der Verträge mit Ablaufmanagement anbietet – hier werden die Beträge nicht auf einmal, sondern über mehrere Jahre verteilt ausbezahlt, schlechte Zeiten schlagen also nicht so stark zu Buche.
Vorsorge für Freelancer jetzt starten: Mit dieser Formel berechnen Sie Ihren Bedarf
„Häufig liest man, man solle zehn Prozent vom Nettoeinkommen weglegen. Doch Menschen haben unterschiedliche Erwartungen an ihr Leben im Alter. Deshalb muss das meiner Meinung nach auch jeder anders angehen“, meint Berti Fischer von BigMedia Deutschland.
Er empfiehlt daher folgendes Vorgehen:
- Überlegen Sie sich Ihr gewünschtes Rentenalter und die gewünschte monatliche Rente ehrlich: „Wenn Sie morgen 67 wären und lebenslangen Urlaub hätten: Was brauchen Sie dann monatlich an Geld?“
- Diese Werte geben Sie in einen Inflationsrechner ein
- von der erhaltenen Zahl ziehen Sie Ihre bereits bestehenden Vorsorgen ab
- Die jetzt erhaltene Differenz geben Sie in einen Zinseszinsrechner ein.
- Das Ergebnis ist Ihr monatlicher Aufwand, den Sie ab sofort zusätzlich investieren sollten.
Ein freelance.de-Extra-Tipp:
Besonders Freelancer werden am Zufriedensten älter, wenn die Vorsorge zum Lebensentwurf passt. Denn: Wie wollen Sie überhaupt im Alter leben? Träumen Sie vom Haus im Grünen, vom Auswandern? Wollen Sie im Alter lieber in einer Stadtwohnung leben und an Kultur teilhaben? Denken Sie darüber hinaus an eine gute Pflegeversicherung – oder setzen Sie auf ein Mehrgenerationenhaus, in das Sie jetzt schon Zeit und Geld investieren? Welche Zwischenschritte sind für diese Ziele notwendig? Wer mit diesen Fragen startet, kann das Thema Altersvorsorge mit viel mehr Freude angehen, als mit dem bloßen Blick in Richtung Versicherungen und Finanzmärkte.
Hallo,
vielen Dank für den Artikel… bestätigt mich in meinem eigenen Vorgehen:-)
Frage zu “Vorsorge für Freelancer jetzt starten: Mit dieser Formel berechnen Sie Ihren Bedarf”:
Welche weiterführenden Infos zu dieser “Formel” sind verfügbar, bzw. wo kann ich solche finden? Danke!
Viele Grüße
Hallo Frau Dreßler,
vielen Dank für Ihr Feedback. Die “Formel” ist in dieser Vorgehensweise enthalten:
Überlegen Sie sich Ihr gewünschtes Rentenalter und die gewünschte monatliche Rente ehrlich: „Wenn Sie morgen 67 wären und lebenslangen Urlaub hätten: Was brauchen Sie dann monatlich an Geld?“
*Diese Werte geben Sie in einen Inflationsrechner ein
* von der erhaltenen Zahl ziehen Sie Ihre bereits bestehenden Vorsorgen ab
*Die jetzt erhaltene Differenz geben Sie in einen Zinseszinsrechner ein.
*Das Ergebnis ist Ihr monatlicher Aufwand, den Sie ab sofort zusätzlich investieren sollten.
Wir hoffen, dass hilf Ihnen weiter und wünschen Ihnen viel Erfolg.
Mit den besten Grüßen
Ihr freelance.de Team