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Heutzutage bedeutet Selbstständigkeit nicht nur die Wahl der Karriere, sondern auch des Lifestyles. Man identifiziert sich als Freelancer, trägt den Titel mit Stolz. In Amerika haben über die Hälfte der Freiberufler im Jahr 2015 von sich gesagt, dass sie ihren selbstständigen Status für kein Geld der Welt aufgeben würden.
Aber woher kommt die Motivation, nicht in einem Unternehmen angestellt zu arbeiten? Was hebt die Selbstständigkeit so sehr von dem Status eines Angestellten ab?
Für die Motivation Freelancer zu werden – oder es weiterhin zu bleiben – stechen fünf Gründe ganz klar hervor:
1. Es macht produktiv
Ein großer Vorteil beim Freelancing ist es, dass man sein Umfeld genau an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Die Einrichtung und die Arbeitsprozesse werden nicht von dem Unternehmen diktiert, der Freelancer arbeitet selbständig.
Zudem sind beispielsweise Software Entwickler beim ‘coden’ so in ihre Arbeit involviert, dass auch nur eine kurze Ablenkung ihren Prozess unterbricht. Eine zehnsekündige Unterbrechung der Konzentration kann manchmal eine Verzögerung von zehn Minuten zur Folge haben. Die Möglichkeit zu haben, sich zu konzentrieren, ist bei der Softwareentwicklung fast so wichtig wie zu atmen.
Eine Studie von Flexjobs belegt diese These: 76% der Teilnehmer geben an, dass sie das Großraumbüro vermeiden, wenn sie wichtige Arbeit erledigen müssen. Als Selbstständiger und “sein eigener Boss sein”, entgeht der Freelancer auch vielen Charakteristiken des Bürolebens: Nicht mehr durch Smalltalk eingezogen in ein zufälliges Projekt, kein Micromanaging, keine beiläufigen, sondern geplante Begegnungen mit dem Projektleiter.
Für einige Experten ist das Home Office einfach die richtige, ruhige Atmosphäre, in der sie produktiv arbeiten können – egal ob tagsüber oder in der Nacht, aber meist allein.
2. Freelancing motiviert
Selbstständige werden für ein Projekt engagiert, nach dessen Abschluss ihnen eine Rückmeldung gegeben wird. Die Beschäftigung von Angestellten hingegen wird in Jahren gemessen, Mitarbeitergespräche verlaufen im Zweifel unregelmäßig und unabhängig von den fortlaufenden Aufgaben.
Deshalb können Selbstständige ihre Leistung besser im Zusammenhang mit dem Ergebnis beurteilen. Die schnellere Reaktionszeit und die ergebnisorientierte Einstellung von Auftraggebern motiviert die selbstständigen IT Experten dazu, ihre Fähigkeiten zu erweitern.
3. Freelancing schärft die Soft Skills
Agiles Arbeiten verbessert die zwischenmenschlichen Fähigkeiten. Manche Auftraggeber sind völlig faktenorientiert, andere legen Wert auf Smalltalk und möchten eine Beziehung aufbauen. Selbstständige werden mit den unterschiedlichsten Typen von Kunden konftrontiert. Sie pflegen diese Kontakte, sind sie doch ihr Mittel zu den Aufträgen. Wer sich ein Netzwerk aus wohlgesonnen Kunden aufbaut, der bekommt leicht das nächste Projekt und vermeidet die verhasste Kaltakquise.
Außerdem kommt es bei einer erfolgreichen Ausführung eines Auftrags auf klare Kommunikation an. Die Erwartungen des Unternehmens mögen ganz unterschiedlich ausgedrückt werden – letztendlich ist es wichtig, dass die Ziele klar kommuniziert und festgehalten werden, so dass es möglichst keine Missverständnisse zwischen den beiden zusammenarbeitenden Parteien gibt. Um das richtige Produkt zu liefern, muss der Freelancer in der Lage sein, klare Fragen zu stellen, zusammenzufassen und einen guten Rapport mit dem Kunden aufzubauen.
4. Fördert die Karriere
2017 kamen Forscher zu dem Schluss, dass die Menschen dazu veranlagt sind, den Weg des geringsten Widerstands zu nehmen. Bei technischen Berufen kann das dazu führen, dass man sich ausschließlich auf die bereits bekannten Tools und Programme konzentriert. Ohne Anreiz setzt man sich nicht mit Updates und ganz neuen Programmen auseinander.
Bei Angestellten fehlt dieser Anreiz oft – Unternehmen benutzen über Jahre und Jahrzehnte hinweg die gleiche Software, sich mit etwas Anderem auszukennen ist kaum brauchbar. Selbstständige hingegen kommen mit unterschiedlichen Standard Tools in Berührung, die in verschiedenen Unternehmen benutzt werden. Mit dieser Flexibilität kommt auch die Bereitschaft, sich mit modernen Änderungen auseinanderzusetzen, auch wenn das heißt, Zeit und Energie darauf zu verwenden, Programme neu kennenzulernen. Das Wissen von Freelancern ist also viel breiter gefächert.
Nicht mehr die Frage „Was ist Standard im Unternehmen?“ zählt, sondern „Welches Tool hat die nützlichsten Updates?“, oder welche Software für die spezielle Aufgabe am besten ist, unabhängig von Standards. Da selbstständige Programmierer mit unterschiedlichen Teams arbeiten und neue Programmierwelten und -gewohnheiten kennenlernen, können sie sich schneller auf die neuen, besseren Programme einlassen – und mit diesen Kenntnissen ihren Lebenslauf füllen.
5. Begünstigt Kreativität
Einer der attraktivsten Gründe dafür, die Selbstständigkeit zu wählen, ist die Aussicht auf eine freie Wahl der Projekte. Und auch wenn das eher für gefragte Freelancer mit einem breiten Netzwerk gilt, so ist es doch eine ganz andere Ausgangsposition als die der Angestellten. Die „Möglichkeit, mir meine Arbeit auszusuchen“ und die „Kontrolle über mein Schicksal“ waren zwei von den drei meistgenannten Motivatoren von amerikanischen Freelancern, fasste eine Studie 2016 zusammen.
Die Natur vom Freelancing bietet eine gute Basis für Kreativität. Während Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum mit denselben Kollegen im gleichen Büro arbeiten, wechselt das Umfeld des Freelancers sehr viel häufiger. Statt dem „Groupthinking“ zu verfallen und Gewohnheiten stärker zu vertiefen, müssen Selbstständige sich auf neue Umgebungen und Menschen einlassen, und alte Gewohnheiten durch neue ersetzen. Das regt das Denken an, neue Eindrücke machen Kreativität möglich.
Fazit: Selbstständigkeit lohnt sich
Neue Technologien, Teams, Städte und Auftraggeber … das Freelancing Leben im ist agil. Das fördert die Produktivität, Motivation, Soft Skills, Karriere und Kreativität der Selbstständigen. Und die Unternehmen profitieren von dem Anschub an Fähigkeiten, den sie sich in ihr Team einkaufen können, wenn sie es für ihr Projekt am meisten brauchen.
Jetzt sind Sie dran, liebe Freelancer: Können Sie diese Einschätzungen bestätigen? Schreiben Sie uns Ihren Kommentar.
Diesen Aussagen würde ich mich sofort anschließen (besonders die Gründe 1.
und 2. fallen einem in diesem Zusammenhang ja gleich ein). Allerdings muß ich
mich fragen, ob der Artikel nicht doch eher von (auch meinen) Wünschen als von
der Wirklichkeit handelt:
Zum Beispiel wäre all das, was unter 1. beschrieben ist, für mich persönlich
besonders wichtig, jedoch sieht man schon in den weitaus meisten Projektaus
schreibungen (zur Softwareentwicklung) wenigstens Leistungs-Ort (nämlich im
Betrieb des Kunden) und -Zeit (zumindest als Folge der Ortsfestlegung)
vorgeschrieben.
Hier scheint zu vielen “Auftraggebern” eher ein seltsames Mischwesen, zugleich
Arbeitnehmer (de facto weisungsgebunden/kontrolliert, wie man es in der Betriebs
routine gewöhnt ist und womit man umgehen kann) und nicht Arbeitnehmer (frisch
motiviert, und darf alle unternehmerischen Risiken behalten ;-), vorzuschweben.
Gegen diese Tendenz scheint in den Ausschreibungen in letzter Zeit öfter das Wort
“remote” aufzutauchen. Ob (und in welchem Sinn und Umfang) das ernst gemeint
ist? Ob damit eher mögliche Leser beim Finanzamt oder der Rentenversicherung
“beruhigt” werden sollen?
Soviel für heute… und viele Grüße!
Hallo, ich arbeite seit 2002 als Freelancer im Bereich Webdesign und Grafikdesign. Ich kann die Einschätzungen bestätigen. Gerade in Bezug auf aktuelle Software, interessante Fortbildungen und moderne Lösungen hinken sehr viele Firmen, Jahre hinterher.
freie Wahl der Projekte ist hierbei der beste Vorteil, glaub ich.
Ich kann den Punkten 1-4 ausnahmslos zustimmen. Den Punkt 5 sehe allerdings etwas differenziert. “Die „Möglichkeit, mir meine Arbeit auszusuchen“?
Dabei kommt es natürlich auf die Menge der Angebote an und ob ich dafür wirklich geeignet bin bzw. mich der Kunde unter Vertrag nimmt. Manchmal ist die Wahl nicht so “frei” es gibt auch Zwänge von außen, sei es der eigene finanzielle Status, oder weitere. Dann stellt sich die Frage der freien Wahl nicht wirklich, dann muss man nehmen was angeboten wird.
Muss nicht immer und bei nicht allen so sein. Ich stelle aber auch vermehrt fest, dass Unternehmen das Freelancing durch Arbeitnehmerüberlassung unterbinden möchten, dadurch wird die Freie Auswahl der Projekte zusätzlich eingeschränkt.
Hallo Herr Schrempp,
danke für Ihr Feedback. In der Tat wird die “freie Auswahl” von einigen Kriterien beeinflusst. Ein spannendes Thema, dass sicher den Arbeitsmarkt noch weiter verändern wird.
Bis bald in unserem Blog
Ihr freelance.de Team